© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 36/20 / 28. August 2020

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Beneš-Dekrete: Vaduz erhebt Klage  gegen Prag

VADUZ. Die Regierung von Liechtenstein hat beschlossen, den tschechischen Staat vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg zu verklagen. Das teilte ein Regierungssprecher in Vaduz mit. Begründet wird die „Staatenbeschwerde“ mit einem aktuellen höchstgerichtlichen Urteil, in welchem erneut 29 Liechtensteinern Grundrechte mit der Begründung entzogen wurden, sie hätten bezüglich der Anwendung der Präsidialdekrete von 1945 als Deutsche zu gelten, heißt es in einer Pressemitteilung: „Die Regierung sieht die Souveränität des Landes in der Tschechischen Republik derzeit als nicht ausreichend respektiert an.“ Damit hat das Fürstentum eine weitere Runde im Rechtsstreit um im Zuge der Beneš-Dekrete enteignete Liechtensteiner Bürger eröffnet. Bereits 2018 hatte die Privatstiftung des Fürsten von Liechtenstein vergeblich Tschechien auf die Rückgabe von Grundstücken von insgesamt rund 600 Quadratkilometern verklagt. Der diplomatische Streit reicht aber noch weiter zurück. Die aus den Trümmern Österreich-Ungarns entstandene Tschechoslawakische Republik hatte sich seit ihrer Gründung 1918 geweigert, Liechtenstein als souveränen Staat anzuerkennen, der er seit 1806 ist. Hintergrund ist die zwischen 1918 und 1938 durchgeführte Bodenreform. Enteignet wurden dabei auch 57 Prozent des auf tschechischem Gebiet befindlichen fürstlich-liechtensteinschen Grundbesitzes, weil das Fürstentum von Prag nicht anerkannt wurde und damit zum Haus Habsburg gerechnet wurde. 1945 wurden die restlichen Besitztümer des Fürsten eingezogen, weil dieser angeblich die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen würde. Erst 2009 waren zwischen Prag und Vaduz diplomatische Beziehungen aufgenommen worden. Die Eigentumsfragen waren seitdem immer wieder Gegenstand rechtlicher Auseinandersetzungen. Noch immer gelten Liechtensteiner vor tschechischen Gerichten als Deutsche. (pl)




Erdogan wandelt weitere Kirche in Moschee um

ANKARA. Wenige Wochen nach der Hagia Sophia haben die türkischen Behörden am Freitag morgen ein neues Präsidialdekret veröffentlicht, das auch die byzantinisch-griechisch-orthodoxe Kirche des Heiligen Erlösers in Chora zu einer Moschee erklärt. Die Änderung ihres Status wurde bereits im Dezember 2019 beschlossen, doch bis heute nicht umgesetzt. Chora, das nach dem Zweiten Weltkrieg in das Kariye-Museum umgewandelt und dann umfassend restauriert wurde, ist mit einigen der schönsten byzantinischen Mosaiken und Fresken ausgestattet. Im 4. Jahrhundert erbaut, wurde die Kirche um 1080 und nach einem teilweisen Einsturz durch ein Erdbeben Anfang des 12. Jahrhunderts renoviert. Die Kirche ist als Unesco-Kulturerbe eingetragen. (ctw)