© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 36/20 / 28. August 2020

Leserbriefe

Zum Schwerpunktthema: „Laßt uns schöner bauen!“, JF 35/20

Wie lieblose Massendrucksachen

Mit der Baukunst verhält es sich so wie mit den Büchern. Jedenfalls, wenn man die ledernen Prachtbände der Gründerzeit mit den lieblos zusammengeleimten Massendrucksachen von heute vergleicht. Nimmt man so einen schweren Lederfolianten aus dem Regal, so spürt man noch heute, nach mehr als 100 Jahren, daß einem da jemand etwas von Bedeutung mitteilen wollte. Nicht selten Dinge, die trotz allem technischen Fortschritt und gewandelten Weltanschauungen bis heute ihre Bedeutung haben.
Dagegen scheinen die nicht selten auf erstaunlich hochwertigem Papier, äußerst farbenfroh und vor allem unerhört billig irgendwo im Osten produzierten Drucksachen heute oft schon ab Werk als „preisreduziertes Mängelexemplar“ konzipiert zu sein. Ihrem Inhalt angemessen wandern die meisten ungelesen vom Laden ins Buchregal und schließlich irgendwann ins Altpapier.
Leider verhält sich die ganz überwiegend schlechte Architektur unserer Tage nicht ganz so diskret, und kränkt das ästhetische Empfinden und die Lebensqualität nicht selten von Generationen. Aber wir sollten die Schuld nicht allein bei den Architekten suchen. Am Ende ist doch auch die Architektur nichts als ein Spiegelbild des Zeitgeistes: jede Zeit erhält eben die Architektur, die sie verdient.

Dr. Gerhard Großkurth, Neu-Ulm




Zum Schwerpunktthema: „‘Viele Bürger ziehen sich zurück’“, JF 34/20

Noch sind die Gedanken frei

Was für ein beklemmendes Bild, das uns das Interview mit Hans-Georg Maaßen über Politiker, Medien, staatliche Verdachtschöpfer etc. zeichnet! Aber sie alle können – Gott sei Dank noch nicht – in unser Denken horchen und schauen. Noch gilt: „Mein Wunsch und Begehren / kann niemand verwehren, / es bleibet dabei: / die Gedanken sind frei.“

Hans Daxer, Marquartstein


Preisfrage der Einschränkung

Gäbe es die JUNGE FREIHEIT nicht schon, hätte sie allein wegen dieses gelungenen spannenden Interviews mit Hans-Georg Maaßen erfunden werden müssen. Seine Entlassung belegt ja auch seine These von der Bedrohung der Meinungsfreiheit in unserer heutigen Demokratie.
Maaßen könnte sich auf Alexis de Tocqueville berufen, der in Amerika beobachtete, daß gesellschaftlicher Druck von Mehrheitsmeinungen in Demokratien die Meinungsfreiheit nicht minder gefährden kann als staatlicher Druck in Diktaturen. Die Frage ist: Gegen welche Art der Beschränkung der Meinungsfreiheit kann man sich wirksamer wehren?

Dr. Wolfram Ender, Eschershausen




Zu: „Knute für Konservative“ von Hermann Rössler, JF 34/20

Unerwünschte Leistungen

Zu Recht wird ein Verstoß gegen die Fürgsorgepflicht gegenüber Mitarbeitern gerügt, der jedoch nicht singulär ist. Zwar ist auch heute die Fürsorgepflicht des Dienstherrn ein anerkannter Grundsatz, der sich beispielsweise in der Anhörungs-, Beratungs-, Förderungs- und Schadensabwendungspflicht manifestiert. Allerdings wird in der gelebten Praxis die Fürsorgepflicht von dem Drang der politischen und administrativen Entscheidungsträger überlagert, sich möglichst schon vorauseilend für etwaige „Fehlleistungen“ der Mitarbeiter zu exkulpieren. Diese vermeintlichen „Fehlleistungen“ reduzieren sich nicht selten – wie auch hier – auf fachlich beanstandungsfreie, jedoch medial oder von Interessenvertretungen (wie in diesem Fall der Opferanwältin) unerwünschte Leistungen.
Verantwortliche Politiker und in deren Abhängigkeit stehende administrative Entscheidungsträger sind heute häufig nicht mehr bereit, die mit der politischen Verantwortung gekoppelte Funktion als Amtschef, wozu auch die Ausübung der Fürsorgepflicht gehört, wahrzunehmen. Vielmehr besteht eine ausschließliche Fokussierung auf die politische Selbstinszenierung und deren medialen Widerhall, die dazu verleitet, auf Kosten der eigenen Mitarbeiter dem auf immer ungehemmtere Skandalisierung drängenden Zeitgeist dann zu huldigen, wenn damit die eigene politische Botschaft in der Attitüde des moralisierenden Reformators transportiert werden kann. Solche die Amtspflichten negierenden Handlungsweisen sind in besonderem Maße verwerflich und für einen Justizsenator disqualifizierend, wenn nicht nur eine nachgeordnete Behörde, sondern zugleich ein der dritten Gewalt zugeordnetes Organ der Rechtspflege getroffen wird.

Rolf-Uwe Kurz, Berlin




Zu: „Diversitär, totalitär“ von Thorsten Hinz, JF 34/20

Sozialistischer Realismus

Es ist schier unfaßbar, wie brutal der linke Zeitgeist in Deutschlands Kulturlandschaft sein Unwesen treibt. Thorsten Hinz’ Artikel müßte zur Pflichtlektüre in der gymnasialen Oberstufe gemacht werden. Allein, wer von den Entscheidern möchte das?! Der Text korrespondiert kongenial mit Michael Klonovskys „Das zweifache Überleben der DDR“ und erinnert schmerzlich an den Defa-Film „Berlin – Ecke Schönhauser...“ von 1957, wo die aufbegehrenden Ostberliner „Halbstarken“ um ihre Freiheit ringen, am Ende aber einsichtig – kitsch as kitsch can – von einem verständnisvollen Wachtmeister reintegriert werden.

Heinz Kirchner, Dammbach-Wintersbach




Zum Leserforum: „‘Seenotretter’ sind keine Menschenfischer“, JF 34/20

Echte Todesangst erlebt

In der Tat: Ständig liest oder hört man in den Medien von sogenannter Seenot­rettung. Hier sollte einiges klargestellt werden: Als gefahrener Seemann ist mir das „etwas“ anders in Erinnerung als das, was sich heute im Mittelmeer abspielt. Warum benutzen die meisten Medien diesen völlig deplazierten und darüber hinaus falschen Begriff? Erstens begibt man sich nicht freiwillig in Seenot, und zweitens spricht man sich nicht vorher mit den „Rettern“ ab, wann und wo „gerettet“ werden soll. Mit Hilfe von vorher telefonisch vereinbarten „Rettungs“-Positionen. Warum übernehmen selbst Fachmagazine diese Verschleierungstaktik der regierungsnahen Leitmedien? Mir ist diese Blindheit gegenüber den tatsächlichen Verhältnissen schleierhaft; doch wohl nur, um die linksgrünen Geldgeber nicht zu provozieren. Das ist eine Ohrfeige nicht nur für die Wahrheit, sondern auch für wirkliche Seenotopfer! Das sagen die meisten fahrenden und gefahrenen wirklichen Seeleute. Ich habe echte Stürme mit bis zu 25-Meter-Seen abgeritten, wobei wir echte Todesangst hatten. Ringsrum sind Schiffe mit Mann und Maus abgesoffen. Winter im Nordatlantik. Das war keine abgesprochene Schönwetter-Spazierfahrt zu einem „Rettungsschiff“, sondern knallharte Seefahrt. Wer hier in Not gerät, der gerät in echte Seenot! Nicht die an kriminelle Schlepperbanden zahlenden Schlauchbootpassagiere, die nach drei Meilen bei ruhiger See von „lieben“ Gutmenschen an Bord genommen werden. Überwiegend sind es junge, kräftige Männer, die hier aus lauter „Dankbarkeit“ auch noch „Party“-Randale machen. Kein Mensch zwingt diese meist Nordafrikaner („politisch Verfolgte“ natürlich!) aus sicheren Herkunftsländern, wohin sie sogar zum Urlauben zurückfahren, zu so einem illegalen Schritt! Ich bin erschüttert, wie wir als Leser ver... werden! Sorry, aber hier bleibt mir wirklich die Spucke weg. Vor allem durch die NGO Sea Watch, von Kirchen- und anderen Steuern finanziert, voran der „mutige“ linksgrüne Gutmensch und Merkel-Busenfreund Bedford-Strohm, der in Jerusalem sein Kreuz ängstlich vor den Muslimen versteckte. Was für ein kleinmütiger Pharisäer!

Dr. Peer Schmidt-Walther, Stralsund




Zu: „Wurzeln der Entrüstung“ von Dieter Stein, JF 33/20

Vierzig Jahre Diktaturerfahrung

In der Tat, diese Kolumne ist eine Wurzel der Entrüstung! Als ich sie las, dachte ich im ersten Moment, ich sei beim Tagesspiegel gelandet (ein „Netzwerk von Corona-Kritikern“, dem es gelang, „mehrere zehntausend Demonstranten auf die Straße zu bringen“).Waren Sie oder Ihre Kinder dort? Haben Sie mit Demonstranten gesprochen, was sie umtreibt all die Mühen und Kosten für eine lange Reise aus allen Orten der Republik auf sich zu nehmen? Ich war trotz meines Alters dort und habe in den über vier Stunden einen schier endlosen lustigen, aber auch ernsthaften Demonstrationszug erlebt. Ich habe mit vielen Teilnehmern, vor allem vielen jungen (!) Demonstranten gesprochen. Da ich eine 40jährige DDR-Diktatur mit Ausreiseantrag und eine 17jährige Charité-Laufbahn als Mediziner hinter mir habe und einen guten Einblick in den DDR-Alltag hatte, wollte ich natürlich ihre Motivation hinterfragen und es kam eben nicht nur der Protest gegen eine zunehmende Ungleichbehandlung, wie Sie postulieren, zum Vorschein. Sie kamen, weil sie die Einschränkung ihrer Grundrechte wie Informationsfreiheit, Versammlungsfreiheit (was sich ja hinterher bestätigte!), Bewegungsfreiheit und drohende Einschränkung ihrer körperlichen Unversehrtheit (mehr oder weniger Impfzwang) fürchten. Das aber waren alles auch Gründe in der damaligen DDR, die zum Sturz des Regimes führten. Wo beginnt Ihrer Meinung nach Diktatur? Das und noch viel mehr vermisse ich in der JF! Über die Rolle von Frau Hayali wäre gesondert zu diskutieren.

Dr. Wolf Mugrauer, Berlin




Zu: „Diffamieren und falsch informieren“ von Ronald Berthold, JF 33/20

Auf der falschen Seite

In der letzten Ausgabe bemüht sich die JF, alles um das Thema der Großverstaltung „Tag der Freiheit“ in Berlin korrekt zu behandeln.Dennoch bedauere ich, daß dieses Ereignis nicht mit Bild und Text auf der Titelseite behandelt wurde. Dort wurden die Leser mit dem unschönen Gesicht des meines Erachtens unheilvollen Soziologen Habermas beglückt. Diese Abhandlung wäre ausreichend auf den Kulturseiten gewesen.Hingegen war die friedliche Demonstration am 1. August „das“ Ereignis in der ersten Augustwoche. Und da dieses Ereignis von der Regierungsseite und den meisten Medien am liebsten totgeschwiegen worden wäre, insbesondere wegen der hohen Anzahl der parteiübergreifenden Teilnehmer (Frauen, Jugendliche, Senioren, kurz: die breite, oft gebildete Mittelschicht) und des friedlichen Verlaufes, wäre eine Gegendarstellung auf der Titelseite, und nicht erst hinten auf Seite 17, angemessen gewesen. Denn das ist doch das Anliegen der JF, sich für die Aufrechterhaltung unserer im Grundgesetz verankerten Freiheitsrechte einzusetzen.Auch die Motivation der Teilnehmer war vielfälig und beschränkte sich nicht nur auf die meist sinnlose Maskenpflicht.

Dr. B. Christina Ryba, Bad Wörishofen




Zu: „Viele Tote trieben die Elbe abwärts“ von“ von Gernot Facius, JF 32/20

Blutjunge Männer totgeprügelt

Als Zeitzeuge (Jahrgang 1937) vermisse ich seit jeher Berichte über die Zustände im „Internierungslager“ Prager Stadion (Sommer 1945)! Ein Zug Flüchtlinge wurde damals bei glühender Hitze den ganzen Tag kreuz und quer durch die Prager Straßen zum Stadion getrieben, vorbei an den am Straßenrand johlenden, plündernden tschechischen „Bürgern“. Im Stadion angekommen, lagerten dort bereits Tausende Menschen unter freiem Himmel. Hungerrationen gab es nur zu verschiedenen Tageszeiten, die man abpassen mußte. Nachts wurde trotz angeblicher Bewachung geplündert und vergewaltigt und tags unter aller Augen immer Menschen hingerichtet (mit MPi-Salven erschossen). So wurde eine Kolonne blutjunger Männer, die offensichtlich schon vorher mißhandelt worden waren, vor unseren Augen mit Koppel- und Gewehrriemen einer nach dem anderen zu Tode geprügelt. Die Notdurft mußte „geschlechtslos“ über ausgehobenen Latrinen mit „Donnerbalken“ verrichtet werden.

Wie lange diese Zustände im Lager anhielten, entzieht sich meiner Kenntnis, denn meine Mutter ließ sich als „Landarbeiterin“ mit meiner siebenjährigen Schwester und mir für ein Dominium (Landgut) in Tursko bei Prag „anwerben“, um aus der Stadion-Hölle herauszukommen. In dem improvisierten „Arbeitslanger“ in Tursko erging es uns aber auch nicht viel besser. Erst im Frühjahr 1946 besann man sich, daß die vielen Kinder unnütze Esser sind und verbrachte Frauen, Kinder und Arbeitsunfähige mittels Pferdewagen in ein Internierungslager nach Prag zurück. Auch meine Schwester und ich waren dabei, denn unsere Mutter hat die Strapazen bei angeschlagener Gesundheit nicht überlebt. Beerdigt wurde sie an der Kirchhofmauer ohne Sarg. Schließlich wurden wir im Sommer 1946 im Güterzug in die amerikanische Zone nach Deutschland verbracht, von wo uns meine verheiratete Großmutter heimholte (unser Glück!). Auch ich vermute, daß der tschechische „Deutschenhaß“ vielfach von Kollaborateuren ausging und geheuchelt war, um die eigene Haut zu retten!

Helmut Klose, Niedernhausen




Zu: „Von Frieden konnte keine Rede sein“ von Stefan Scheil, JF 30-31/20

Frankreich spaltete Deutschland

In der Darstellung blieb unerwähnt, daß Frankreich bei der Dreimächtekonferenz nicht nur Beobachterstatus, sondern auch ein Vetorecht hatte. Wie bekannt, war seitens der drei (!) Siegermächte vorgesehen, Nachkriegsdeutschland trotz Aufteilung in einzelne Zonen als wirtschaftliche Einheit zu behandeln (mt einer Zentralverwaltung, durch die die Wirtschaft der Zonen miteinander koordiniert würde, mit gemeinsamer Währung, gemeinsamer Post und Bahn). Frankreich hat dieses Minmalprogramm an Einheit mit seinem Vetorecht zu Fall gebracht und damit den Grundstein für die deutsche Teilung und den dann folgenden „kalten Krieg“ gelegt und nicht, wie allgemein angenommen, die Sowjetunion (siehe Hagen Rudolph: „Die verpaßten Chancen. Die vergessene Geschichte der Bundesrepublik“, Verlag Gruner + Jahr, Hamburg 1979).

Dr. Hartmut Sauer, München