© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 37/20 / 04. September 2020

Zeitschriftenkritik: Ruperto Carola
Wie Roboter uns helfen können
Werner Olles

Das zweimal jährlich erscheinende Forschungsmagazin Ruperto Carola der Universität Heidelberg befaßt sich in seiner aktuellen Ausgabe (Heft 16) mit einem Schwerpunktthema, das nicht nur Menschen beschäftigt, die in der IT-Branche tätig sind, sondern uns als Staatsbürger alle betrifft: Es geht um die Verbindung von Maschine und Mensch, was sie gemeinsam auszeichnet und unterscheidet, und wie sie sich gegenseitig ergänzen können.

Ob „Proteinfabriken“ oder „Soft Machines“, Maschinen sind mittlerweile mit Künstlicher Intelligenz ausgestattet und können sich „auf allen möglichen Ebenen bis hin zur Sprache mit uns messen“, wie Bernhard Eitel, Rektor der Heidelberger Uni, in seiner Einleitung schreibt. So seien sie beispielsweise in der Lage, als Mensch-Maschine-Schnittstelle fehlende oder verlorengegangene körperliche Funktionen zu ersetzen, etwa in der Elektronik und Neuroprothetik. Und die molekularen Ingenieurwissenschaften setzen winzige molekulare Bausteine zu molekularen Systemen zusammen: eine Revolution der bislang bekannten Ansätze der Robotik, die in unseren Alltag vordringt und in ihrer futuristischen Anwendung Wirtschafts-, Politik- und Geschichtswissenschaften, Altersforschung, Arbeits- und Organisationspsychologie, Rechtswissenschaft und Computerlinguistik, Hirnforschung und Geoinformatik durch neueste Erkenntnisse beeinflußt.

Daß die sogenannte „Künstliche Intelligenz“ Politik, Wirtschaft und Wissenschaft übernimmt und sie und die Bürger damit in gewisser Weise auch entmündigt und bevormundet und so die Demokratie gefährden kann („Cyberkonflikte“), ist längst keine Verschwörungstheorie mehr, sondern die Konsequenz eines „digitalen Imperialismus“, der dazu führt, daß weltweit durchaus die Möglichkeit einer totalitären, technokratischen Herrschaft besteht. Eine solche Erkenntnis kann bereits vielfach belegt werden, und das Bedrohungsszenario, dem wir heute schon ausgesetzt sind, ist nicht so ohne weiteres von der Hand zu weisen.

In Ruperto Carola richtet sich der Blickwinkel der Experten jedoch in eine andere Richtung. So könnten biohybride Roboter zahlreiche wichtige Aufgaben in der Medizin und in der Pflege übernehmen, und in der Biophysik kann der Mensch von biologischen Zellen lernen. Elektronische Prothesen können tauben Menschen zu Hörvermögen verhelfen, wenn herkömmliche Hörgeräte kein ausreichendes Sprachverstehen ermöglichen. Querschnittsgelähmte können sich mit elektronischen Systemen, die mit dem Nervensystem integriert sind, durch direkte Gedankensteuerung wieder bewegen, und Assistenzroboter für mehr Qualität im Alter können Senioren dabei helfen, möglichst lange ihre Mobilität und Unabhängigkeit zu bewahren.

Die kommende digitale Welt der Künstlichen Intelligenz könnte sich also sowohl als Nutzen und Segen für die Menschen, im schlimmsten Fall jedoch auch als Fluch erweisen.

Kontakt:  Universität Heidelberg, Kommunikation & Marketing, Grabengasse 1, 69117 Heidelberg.

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