© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 37/20 / 04. September 2020

CD-Kritik: Rudolf Schock
Ensemblekunst
Jens Knorr

Den Opern in Rundfunkaufnahmen aus den Restaurationsjahren können leichthin sinnwidrige deutsche Textfassungen und musikalische Striche, manch prekäre Gesangsleistungen oder technische Aussetzer vorgeworfen werden. All das läßt sich in den neu editierten fünf Aufnahmen italienischer Opern mit Rudolf Schock als Primo Uomo nachhören: teutonischer musikalischer Fluß, ungelenkes Belcanto (Donizetti: „Der Liebestrank“), alt-bayreuthianisches Konsonantenspucken (Verdi: „Rigoletto“, „Macht des Schicksals“), histrionische Übertreibungen (Puccini „Tosca“, Mascagni „Cavalleria“) – aber doch auch weit mehr als nur das.

An die große Belcanto-Tradition, das Experiment Krolloper, die Verdi-Renaissance der zwanziger Jahre in Dresden und Berlin war nicht ohne weiteres anzuschließen. Ferenc Fricsays Dirigat des „Rigoletto“, die konfrontativen Duette von Josef Metternich und Schock, die Arien und Szenen einer Carla Martinis, einer Martha Mödl, eines Gottlob Frick oder eines Thomas Tipton sind Dokumente unermüdlichen Suchens und temporären Ankommens.

Sie stürzen sich spielend in die Mords- und Drogengeschichten, ein wenig schon wie Kinder Gespenster spielen in der Dunkelheit, und singend in die veristisch aufgezogenen Ensembles, in die sich Rudolf Schock mit seinen Stärken und sympathischen Schwächen einfügt.

Rudolf Schock in fünf italienischen Opern Profil Edition Günter Hänssler, 2000  www.haensslerprofil.de