© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 38/20 / 11. September 2020

CD-Kritik: Andrea Chudak & Friends
Fleißarbeit
Jens Knorr

Zwei zusammengeführte Bibelstellen, ergänzt durch die Bitte des Beistands in der Todesstunde, haben nicht nur ein Grundgebet der katholischen Kirche – in Abgrenzung zu Judentum und alter Kirche – ergeben, sondern auch in vielfältiger musikalischer Umsetzung weit über den innerkirchlichen Gebrauch hinaus Wirkung entfaltet. Die Sopranistin Andrea Chudak hat aus einer Sammlung von mehr als 200 Vertonungen des „Ave Maria“, die sie über 15 Jahre zusammengetragen hat, 68 Stücke für unterschiedliche Besetzungen ausgewählt und auf fünf CDs eingespielt.

Bei allem Respekt vor der Leistung Chudaks und aller Fachgenossen, sich Musik aus sieben Jahrhunderten anzueignen, von der Gregorianik bis zur zeitgenössischen Komposition, vom Gelegenheits- über das Salonstück bis zum Gassenhauser, vom Original bis zur Bearbeitung, scheint doch das Ausdrucksspektrum auf engen Bereich ausgelegt. Den schreitet der Interpreten keimfreies Prima-Vista-Singen und -Spielen keineswegs aus. Auch die zeitgenössischen Kompositionen heben sich ob der allgemein vorherrschenden andachtsvollen Einförmigkeit der Interpretationen von den alten Kompositionen kaum ab. Mutter Maria bleibt über sieben Jahrhunderte hinweg zwar immer neu frisiert, aber immer gleich jungfräulich angerufen. Die Anrufungen geben wenig Grund, sie zu erhören.

68 Ave Maria aus sieben Epochen Bella Musica / Antes Edition 2020  www.bella-musica.de www.sopranissimo.de