© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 38/20 / 11. September 2020

Leserbriefe

Zu: „Das große Unbehagen“ von Werner J. Patzelt, JF 37/20

Es erinnerte an eine Opernszene

Wieder einmal haben die Artikel der letzten JF ins Schwarze getroffen. Und in den Nachrichten etablierter Medien ist deutlich wahrzunehmen, was verschwiegen wird: Im Gegensatz zu den Ausschreitungen beim G20-Gipfel in Hamburg wurden weder Autos abgefackelt noch Geschäfte entglast. Die Bilder des „Sturms“ auf den Bundestag mit den Farben des Kaiserreichs glichen eher einer Szene aus einer Oper. Um so absonderlicher mutet die Aufregung vieler Politiker in Deutschland an. 

Rückblende: Vor 50 Jahren wurden auf Demonstrationen der „68er“ Steine und Farbbeutel geschmissen – die Medien reagierten eher gelassen, man habe es mit einer aufmüpfigen Jugend zu tun, die nach neuen Idealen suche und die man daher verstehen müsse, auf keinen Fall dürfe man provozieren. Dabei nutzten dies Kommunisten aller Art, darunter die DKP, die das DDR-Regime vorbehaltlos bejahte, für ihre Zwecke aus. Heute machen Politiker der Regierungsparteien und der größte Teil der Medien jugendpsychologisch alles Erdenkliche falsch. Eine ernste Miene und ein moralisierender Unterton des Bundespräsidenten wie auch mancher Fernsehkommentatoren wird bei Jugendlichen auch heute kaum Respekt hervorrufen, sondern sie großenteils im Oppositionsgeist noch bestärken.

Dr. Wolfram Euler, München




Mehr als Medienfolklore?

Am 29. August war es soweit. Da haben Menschen in Berlin gegen die Maßnahmen der Bundesregierung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie demonstriert. Ein Gemisch aus Mittelschichtsbürgern, Esoterikern, Impfgegnern, Vertreter von Lesben- und Schwulenvereinigungen mit Regenbogenfahnen, Verschwörungsideologen sowie Links- und Rechtsextremisten. Es gab in den Medien Bilder von bis zu 400 Menschen, die plötzlich auf der Treppe des Reichstagsgebäudes stehen, allen Absperrungen zum Trotz, mit Fahnen in den Händen, viele in den Farben des untergegangenen Kaiserreichs, Schwarz-Weiß-Rot. Drei (!) Polizisten haben mit ganzem Körpereinsatz, die Türen zum Reichstag vor Eindringlingen mit Erfolg geschützt. Dafür wurden sie umgehend vom Bundespräsidenten geehrt. Respekt kann man da nur sagen – oder? 

Beim Jupiter! Fast wie seinerzeit Horatius Cocles, der etwa 500 vor Christi Geburt allein auf der Tiberbrücke Rom vor den Etruskern verteidigte; und das, obwohl er nur ein Auge hatte, also behindert war. Auch Horatius Cocles wurde geehrt, zwar nicht von einem Bundespräsidenten, sondern vom römischen Senat. Rom errichtete ihm eine Statue auf dem Platz der Volksversammlung und schenkte ihm darüber hinaus so viel Land, wie er an einem Tag umpflügen konnte. Vielleicht könnte man die heroischen Polizisten von Berlin ähnlich beschenken. Oder war das Ganze doch nur Medienfolklore?

Horst Hermannsen, Egling an der Paar






Zu: „Deutschland, einig Maskenland“ von Christian Vollradt, JF 37/20

Maulkorb als Zeugnis von Macht

Der größte Ausweis von Macht ist es, andere Menschen zwingen zu können, vor aller Augen etwas offenkundig Sinnloses zu tun. Genau dies wird derzeit Millionen Menschen von ihrer Regierung angetan. Die ganze Verlogenheit und Willkür der staatlichen Maskenerlasse finden sich in den Hinweisen des – dem Bundesgesundheitsministerium unterstehenden – Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte BfArM „ zur Verwendung von Mund-Nasen-Bedeckungen (z.B. selbst hergestellten Masken, „Community oder DIY-Masken“), medizinischen Gesichtsmasken sowie partikelfiltrierenden Halbmasken“. Zunächst heißt es dort, der Faktenlage entsprechend, daß sich Träger der Mund-Nasen-Bedeckung nicht darauf verlassen können, daß diese sie oder andere vor einer Übertragung von Sars-CoV-2 schützen, da für diese Masken keine entsprechende Schutzwirkung nachgewiesen wurde. Hersteller sollen sogar ausdrücklich darauf hinweisen, daß es sich weder um ein Medizinprodukt noch um persönliche Schutzausrüstung handelt. Damit wäre das Thema für rational denkende Menschen eigentlich erledigt. Aber nicht für Herrn Spahn und seine Gefolgsleute in den Landesregierungen, die die Nichtverwendung der nichtsnutzigen (nutzlosen, ggf. sogar schädlichen) Gesichtslappen sogar noch unter Bußgeldandrohung gestellt haben. Es folgt eine lange Liste zusätzlicher Regeln zur Beachtung bei der Durchführung des Nutzlosen, um sich nicht auch noch einen Schaden dabei einzuhandeln. Der deutsche Untertan lebt und sehnt sich nach staatlicher Bevormundung. Rationalität und Fakten stören nur und sind „irgendwie räächts“, und wer will sich das schon nachsagen lassen ...

Prof. Dr.-Ing. Jürgen Althoff, St.Wendel






Zu: „Große JF-Umfrage zu Corona / Das Land ist gespalten“ von Dieter Stein, JF 36/20

Gesünder durch Verschlankung

Dieter Stein berücksichtigt in seiner Kolumne offensichtlich nicht die südost-asiatischen Länder. Nur so kann er zu dem Ergebnis kommen, daß Deutschland besonderes Glück gehabt habe. Siehe zum Vergleich beispielsweise Vietnam: Trotz fast 100 Millionen Einwohnern bis Juli 2020 keinen einzigen Toten und nur 359 Erkrankungen. Seit drei Monaten wird in vollen Stadien Fußball gespielt. Auch die kleinen Länder Myanmar, Laos und Kambodscha weisen keine Corona-Toten auf. Thailand ist mit 58 Toten glimpflich davongekommen. Folge ich der Argumentation von Herrn Stein, so müssen die Menschen in diesen Ländern erheblich gesünder sein als in Deutschland. So ist es auch. Dicke Menschen gibt es in diesen Ländern kaum.

Joachim Gohlicke, Münster




Weder Infektion noch Pandemie

Was mich wundert, ist, daß in der JF die gleichen falschen Begriffe wie in den Leitmedien genutzt werden „Infektionszahlen“ zum Beispiel. Was meinen Sie damit? Etwa die positiv Getesteten? Das sind keine Infizierten, das sind Menschen, bei denen ein nicht validierter Test einen Genschnipsel gefunden hat, der sich auch in Ananas, Papaya, manchen Tieren oder Motorenöl findet, siehe das Experiment aus Tansania. Folglich ist das Wort „Infektionszahlen“ in dieser Anwendung falsch. Eine Großzahl dieser dubios Getesteten ist nicht krank und darum auch kein „Fall“, der nächste falsch verwendete Begriff. Deswegen wußte ich nicht, wie ich Frage 18 der Umfrage beantworten sollte, denn die Fragestellung ist unbrauchbar. 

Dann verwenden Sie das Wort „Pandemie“ ohne Anführungsstriche. Eine Pandemie würde eine weit über dem Durchschnitt liegende Anzahl Tote, gestorben an derselben Krankheit, bedeuten. Das ist nicht der Fall. Also ist das auch keine Pandemie. Ebenso vermisse ich die Anführungsstriche bei der Frage, ob der Leser für die sofortige Aufhebung sämtlicher im Zusammenhang mit Corona installierter Notstandsgesetze ist, weil die pandemische Lage nationaler Tragweite seit Mitte April nicht mehr besteht. Die Grundrechte zurück an die Bevölkerung auf deutschem Boden, und zwar sofort und ohne Einschränkungen, und keinerlei Impfzwang!

Kathrin Wiem, Ostfildern






Zu: „Ein Pogrom im Schatten der Hagia Sophia“ von Erich Körner-Lakatos, JF 37/20

Schlachtschiff mit Leiche

In diesem Artikel heißt es, daß die USA im April 1946 den „Flugzeugträger Missouri“ zur Türkei entsandten. Die „Missouri“ war allerdings kein Flugzeugträger, welche in der US Navy zumeist nach berühmten Orten oder Personen benannt sind. Bei der „Missouri“ handelte es sich um ein Schlachtschiff, welche traditionell immer nach Bundesstaaten benannt waren. Außerdem ist zu ergänzen, daß die „Missouri“ offiziell die sterblichen Überreste des verstorbenen türkischen Botschafters in die Türkei überführte.

Raik Kolmorgen, Neuenhagen






Zu: „Europa im türkischen Schach“ von Jörg Sobolewski, JF 36/20

Keine französische Suppe mehr

Die Überschrift ist mir zu einseitig. Denn hier wird deutlich, welche Rolle Frankreich in Nato und EU spielt: Frankreich „rührt“ ein und Deutschland „löffelt aus“. Ist es so gesehen nicht folgerichtig, wenn deutsche „Verschwörungstheoretiker“ schreien „Raus aus der Nato, raus aus der EU!“? Eine Frage bleibt in dem Artikel ungeklärt: Weshalb sich Frankreich so – negativ – in die Belange der Staaten einmischt. Bei der Erdogan-Türkei kann ich mir wenigstens selbst das Motiv zusammenreimen: Förderung des Islams.

Markwart Cochius, Chemnitz






Zu: „Eine Rüge, die es gar nicht gibt“ von Thorsten Hinz, JF 35/20

SPD, oder: Franziska Gilty

Es ist sehr verdienstvoll, daß die JF sich noch einmal den weiblichen Teil des „Schummelehepaares“ Giffey (sie bei der Promotion, er bei der Reisekostenabrechnung) vornimmt. Die Causa Giffey zeigt den eminenten moralischen und politischen Verfall der Freien Universität, die einst als Gegenstück zur stalinistisch ausgerichteten Osberliner Humboldt-Universität gegründet wurde. Es geht auch nicht um wissenschaftliche Standards, sondern um schnöde Parteipolitik. Frau Giffey gilt vielen als Hoffnungsträgerin in der Berliner SPD, die mittlerweile nur noch nach CDU, Grünen und Linken an vierter Stelle liegt. Man kann schon beinahe mit der Dame Mitleid haben, wenn man daran denkt, daß die SPD unter Willy Brandt 1961 noch 61,9 Prozent hatte und im Heimatbezirk von Frau Giffey, Neukölln, sogar bei über 70 Prozent lag. Im übrigen hat Frau Giffey noch keinen eigenen Wahlerfolg verbuchen können. Sie lebte vor allen Dingen von den politischen Verdiensten ihres Neuköllner Vorgängers Buschkowsky, der in seiner Analyse der Migranten Dr. Sarrazin sehr nahe kam, aber wegen seiner Wahlerfolge nicht aus der SPD ausgeschlossen wurde im Gegensatz zu dem ehemaligen Berliner Finanzsenator. Das Elend der Berliner SPD zeigt sich aktuell daran, wie schäbig mit dem gegenwärtig Regierenden umgegangen wird. Um ein Bundestagsmandat zu erreichen, irrt er wie der „Fliegende Holländer“ durch die Berliner Wahlkreise. Erst wird er von einem Juso-Funktionär und Studienabbrecher aus seinem angestammten Wahlkreis vertrieben, dann sieht er sich im neuen Wahlkreis der Konkurrenz einer palästinensischen Aktivistin gegenüber. Bittere Ironie: Diese Dame hat er trotz mangelnder Qualifikation zur Staatssekretärin in Berlin gemacht. Das ist SPD-Solidarität.

Peter Streichan, Bonn






Zu: „Dem Zeitgeist verhaftet“ von Thomas Paulwitz, JF 35/20

Dicker Duden ist Allesfresser

Mit fast 1.300 Seiten ist der neue Duden der dickste, den es ja gab. Dermaßen aufgebläht, enthält er eine Menge überflüssiger Begriffe, vor allem völlig unnötige Anglizismen. Dazu die vielen Schein-Anglizismen, die es im Englischen so gar nicht oder in ganz anderen Zusammenhängen gibt. Ginge es nur um willkommene, unsere Sprache bereichernde Lehnwörter, wäre das ja in Ordnung. Aber was macht der Duden? Er befeuert noch den künstlich herbeigeführten Wortschwall aus Übersee. Ihn kümmert nicht, daß wir meist eigene, oft passendere, sich selbst erklärende Begriffe haben. Der Anprall der Anglo-Amerikanismen ist eine Gewalt, die eben nicht vom Volke ausgeht. Wohl aber vom Duden. Nur zwei Beispiele: „Public Viewing“ und „Shitstorm“. „Public Viewing“ gibt es im Englischen überhaupt nicht, dafür aber in den USA, allerdings mit einer ganz anderen Bedeutung, nämlich „Öffentliche Leichenschau“. Und der derbe Duden-Fehlgriff „Shitstorm“ ist der englischen Vulgärsprache entlehnt. Wenn da ein Germanistik-Professor aus Bonn meint, so etwas sei dem Duden ebensowenig vorzuwerfen wie dem Wetterdienst das Wetter, zeichnet er ein völlig schiefes Bild. 

Im Gegensatz zum Duden, mit seiner willkürlichen Einflußnahme auf die Sprache, müssen wir das Wetter so hinnehmen, wie es kommt. Eine Gender-Ideologie ohne jegliche demokratische Legitimation müssen wir aber nicht hinnehmen, auch nicht den albernen Genderstern, der zudem die gesprochene Sprache verunstaltet. Wenn ein Nachrichtensprecher nun beim Wort „Reporter*Innen“ eine Kunstpause macht, um den Genderstern zu sprechen, klingt das wie der Sprung in einer Schallplatte. Der Duden biedert sich wirklich jedem Zeitgeist an. Ausgerechnet ein Grüner, der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann, hat den Mut, diese Eigenmächtigkeit als das zu bezeichnen, was sie ist: „Tugendterror“. Der Duden hat längst seine Alleingültigkeit, und damit viel Vertrauen verspielt. Er ist zum verbalen Allesfresser geworden, deshalb ist er nun auch so dick.

Dietmar Kinder, Elsdorf-Heppendorf






Zur Rubrik: „JF-Intern / „Durchhalten, Kerstin“ von Moritz Schwarz, JF 35/20

Unerhörte Diskriminierung

Ich lese die Geschichten „aus dem Nähkästchen“ der JF immer sehr gern. Diesmal bin ich aber über den letzten Satz von Herrn Schwarz gestolpert. Wenn Ihre Kollegin vorgeschädigt ist und/oder Angst hat, muß sie sich eben besonders schützen. Deshalb muß aber nicht eine ganze Nation, inklusive der vor allem bedauernswerten Kinder, monatelang ihrer Freiheiten, Rechte, Sommervergnügen und ökonomischen Prosperität beraubt werden. Ich gehöre (und empfinde diese Einordnung übrigens als unerhörte Diskriminierung) zur „Risikogruppe“ der Älteren, bin aber definitiv nicht einmal infiziert und habe und hatte auch nie Angst. Hygiene ist prinzipiell gut, aber die lernte unsereiner schon als Kind – ohne Corona-Gefährdung. Es gibt immer Menschen, die, wodurch auch immer (Grippe, Hitze, Klinikkeime ...), gefährdeter und anfälliger sind als andere, das ist das ganz normale Lebensrisiko, für das man aber nicht alle anderen haftbar machen und (durch hohe Strafen) abkassieren kann. Das ist unsolidarisch!

Ute Vogt, Schossin