© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 39/20 / 18. September 2020

Brüssel und Großbritannien verhandeln über Brexit
Johnson pokert hoch
Bruno Bandulet

Brüsseler Kommissare, die sich jetzt über einen englischen Vertragsbruch empören, sollten sich auch einmal fragen, warum das Vereinigte Königreich schon im Februar 2019 einen Handelsvertrag mit der Schweiz und eben erst einen solchen mit Japan abschließen konnte. Antwort: weil jeder die Souveränität des anderen respektiert hat. Genau das verweigert die EU-Kommission den Briten bis heute. Viele EU-Regeln sollen auch künftig in Großbritannien gelten, und Nordirland bliebe weitgehend im EU-Binnenmarkt. Letzterem hatte die Regierung Johnson widerstrebend im vergangenen Herbst selbst zugestimmt. 

Jetzt will sie sich mit einem neuen Gesetz die Möglichkeit verschaffen, solche Handelsbarrieren innerhalb Großbritanniens zu unterbinden und damit die wirtschaftliche Integrität des Königreichs zu verteidigen. Johnson riskiert einen Brexit ohne Handelsvertrag im kommenden Januar. Er pokert hoch, vielleicht zu hoch. Sollte das Freihandelsabkommen wirklich platzen, wäre Deutschland der große Verlierer. Dessen Überschuß im Handel mit Großbritannien ist halb so groß wie der mit den 19 Euro-Staaten zusammengenommen! Zugunsten der deutschen Exporteure interveniert hat die Regierung Merkel bisher nicht.






Bruno Bandulet war Chef vom Dienst bei der „Welt“ und ist Herausgeber des „Deutschland-Briefs“ (erscheint in „eigentümlich frei“).