© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 39/20 / 18. September 2020

Machtkampf in der AfD
Rechts liegengelassen
Christian Vollradt

Was ist schon Niedersachsen? Ist es wirklich relevant, daß an der Spitze der AfD dort nun ein Jens Kestner steht und keine Dana Guth mehr? Im Prinzip nicht. Aber eigentlich doch. Denn der „Paukenschlag von Braunschweig“ am vergangenen Wochenende verdeutlicht die Lage der Gesamtpartei wie unterm Brennglas. „Flügel“-Freund Kestner hatte die Personal- zur Richtungsentscheidung erkoren. Und die Mitglieder haben sie getroffen. Jubel auf der einen, Ernüchterung auf der anderen Seite. Das wäre im umgekehrten Fall genauso gewesen, nur mit anderer Rollenverteilung. Dieser Machtkampf wird erst beendet sein, wenn eine von beiden Seiten die Waffen streckt. 

„Die Menschen im Land mögen uns nicht“, hatte die später unterlegene Amtsvorgängerin mahnend festgestellt. Um das nachzuvollziehen, mußte man gar nicht erst in die haßverzerrten Gesichter der Antifa schauen, die vor der Tagungshalle herumpöbelte. Ein Blick auf die landesweit nur fünf Prozent bei der Kommunalwahl in Nordrhein-Westfalen ist auch erhellend. Und die Zahl derjenigen, die sich grundsätzlich nicht vorstellen können, AfD zu wählen, stieg kontinuierlich an. Aktuell sind es drei Viertel der Wähler, so viele wie – mit Abstand – bei keiner anderen Partei. Das ist die entscheidende Stellschraube. Wer das ignoriert, spurtet ins politische Ghetto. Dort kommt es übrigens nicht darauf an, ob man mit fünf oder mit 25 Prozent links – genauer: rechts – liegengelassen wird.