© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 39/20 / 18. September 2020

Zitate

„Die Verfolgung von Julian Assange ist ein grundsätzlicher Angriff auf die Pressefreiheit, und die Anklagen sind letztlich eine Kriegserklärung gegen den investigativen Journalismus. Freie journalistische Arbeit zur Aufdeckung staatlicher Verbrechen wäre fortan nur noch unter permanenter Bedrohung möglich, wenn Journalisten und Whistleblower befürchten, dies mit Einkerkerung oder sogar ihrem Leben bezahlen zu müssen. (…) Es geht hier nicht allein um Assange, sondern um die Glaubwürdigkeit dessen, was wir häufig ‘die westlichen Werte’ nennen.“

Sigmar Gabriel, Vorsitzender der „Atlantikbrücke“ und Ex-SPD-Chef, und Günter Wallraff, Kölner Investigativjournalist, in einem Gastbeitrag im „Tagesspiegel“ vom 10. September





„2020 verspricht es mehr Sozialprestige, ein schwules Paar in Berlin Mitte zu sein, das im Urlaub durch Norwegen wandert, als ein Handwerkerehepaar in Osnabrück, das pauschal bucht. Das war vor 40 Jahren noch anders und zeigt: Diese Gruppe verfügt über Macht – diskursive Macht. Die Linksliberalen sind eine herrschende Klasse im kulturellen Kapitalismus geworden – weniger materiell als habituell. Und auch wenn oben in der Bücherwand noch ein verstaubtes Buch von Herbert Marcuse steht – sie sind nicht mehr die Enkel der 68er.“

Stefan Reinecke, Berliner Publizist und Schriftsteller, im Deutschlandfunk Kultur am 10. September





„Deutschland muß alle Menschen aus Moria aufnehmen. Das ist die Forderung der Stunde, und wer das anders sieht, wird nicht zuletzt in den sozialen Netzwerken als Faschist, Rechtsextremer und/oder eiskalter Unmensch abgestempelt. (...) Ist es sinnvoll, alle Moria-Bewohner von Lesbos zu evakuieren? Würde damit Leid wirklich dauerhaft gelindert? Angesichts der Komplexität der Krise in der Ostägäis lautet die Antwort: wohl kaum – schon allein, weil sich Athen dagegen ausgesprochen hat, die Menschen anderen EU-Staaten zu überstellen. Soll man die griechische Regierung zu diesem Schritt zwingen?“

Tim Röhn, Autor und Reporter, in der „Welt“ vom 14. September





„Die alte Formel ‘Wandel durch Annäherung’ geht in China nicht auf. (…) Aus Partnern sind deshalb längst Rivalen geworden. Wirtschaftlich und politisch. Das hat viel mit Chinas wachsendem Gewicht in der Weltwirtschaft zu tun, noch mehr aber damit, daß Peking seine zunehmende wirtschaftliche und politische Macht immer aggressiver einsetzt.“

Torsten Riecke, Volkswirt und International Correspondent, im „Handelsblatt“ am 14. September





„Was die Öffentlichkeit angeblich wolle, ermitteln Umfragen, die permanent, zu allem und zu jedem erhoben werden. Dabei sind die Fragestellungen allzu oft erbärmlich unterkomplex, wenn nicht tendenziös. Das gilt nicht zuletzt für die notorischen Beliebtheitswerte – Images und Stimmungen, die reichlich wenig mit politischer Substanz zu tun haben. Aber sie machen, jedenfalls präjudizieren sie Politik: gegenüber Umfragewerten sind politische Argumente kraftlos.“

Andreas Rödder, Historiker, bei „T-Online“ am 15. September