© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 39/20 / 18. September 2020

Schon 260 Banken und Sparkassen kassieren Negativzinsen
Raubgeldpolitik
Thorsten Polleit

Die EZB-Geldpolitik sorgt dafür, daß 260 von 1.300 hierzulande tätigen Banken und Sparkassen ihren Privat- oder Firmenkunden negative Zinsen aufbürden. Beträgt das „Verwahrentgelt“ beispielsweise 0,5 Prozent, die Kontoführungsgebühr fünf Euro pro Monat und die Güterpreisinflation zwei Prozent pro Jahr, sind von 10.000 Euro nach einem Jahr noch 9.696 Euro übrig, nach zehn Jahren nur 7.753 Euro: Sparen wird zum Verlustgeschäft.

Die Gewinner dieser Raubgeldpolitik sind die Euro-Staaten. Einen Teil des Geldes müssen die Geldinstitute an die EZB überweisen. Dieser „Zinsertrag“ fließt im Zuge der Gewinnausschüttung den Staaten zu. Der Negativzins ist so gesehen eine heimliche Vermögenssteuer. Derzeit halten die Deutschen zinslose Guthaben von knapp 3,8 Billionen bei Geschäftsbanken. Würde darauf bei allen ein Minuszins von 0,5 Prozent pro Jahr erhoben, würde das 18,5 Milliarden Euro einbringen. Immer mehr Banken gehen dazu über, ihren Kunden Negativzinsen irgendwie in Rechnung zu stellen, meist schon ab recht geringen Freibeträgen. Doch den Sparern droht eine noch höhere Belastung. Die EZB wird den Nominalzins vermutlich nicht noch weiter unter die Nullinie treiben, sehr wohl aber den Realzins, also den Zins abzüglich der Inflation.

Denn die Antwort auf die politisch diktierte Lockdown-Krise läßt erahnen, wohin die Reise geht: Die Zentralbanken drucken sprichwörtlich neues Geld, um damit die Löcher in den Staatshaushalten zu finanzieren. Im Euroraum ist die Wirtschaftsleistung im zweiten Quartal um 12,1 Prozent gesunken, die zahlungswirksame Geldmenge im Gegenzug bis Ende Juli um 13,5 Prozent angestiegen. Es wäre geradezu ein Wunder, wenn sich der dadurch entstandene „Geldmengenüberhang“ nicht noch in erhöhter Güter- und Vermögens­preisinflation zeigen wird, also in einem Absinken der Kaufkraft. Und wieder wird der gutgläubige Euro-Halter der Dumme sein.