© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 40/20 / 25. September 2020

CD-Kritik: Det Norske Blåseensemble
Hermetos Universum
Jens Knorr

Hermeto Pascoal (Jahrgang 1936), brasilianischer Musiker, Instrumentalist, Klangexperimentator, ist eine singuläre Erscheinung des Jazz. Aber was heißt schon Jazz? It’s the music, stupid! Für Det Norske Blåseensemble, 1734 in Halden gegründet und damit das älteste Orchester in Norwegen, hat der deutsche Saxophonist und Komponist Steffen Schorn Kompositionen Pascoals ausgewählt, transkribiert, arrangiert und mit dem Ensemble eingespielt. 

Weil sie mit den komplexen Strukturen der aufgeschriebenen, der „Paper-Music“ umzugehen gelernt haben, stellen die musikalischen Schichtungen der Art von Jazz, die gemeinhin für avantgardistisch gilt, ihr Amalgam aus Standards, klassischen Formen, Klangweiterungen, Volks- und Tanzmusik, Pop und Schlager, den Interpreten keine unlösbaren Probleme vor. Nur in wenigen Momenten, da musikalische Allgemeinplätze greifen, die auch Pascoals Musik unterlaufen, da Reproduktion über Improvisation obsiegt, klingen Gruppe und Soli flach und das Angeeignete lediglich orchesterdienstlich abgearbeitet. Und da ist es an Pascoal, sich einzubringen und die Arrangements seinerseits mit artigen Overdubs auszuschmücken.

Standards sind Unterbau des Jazz und Haupthemmnis seiner Entfaltung in einem. Über Hermeto Pascoal kommt Det Norske Blåseensemble nicht ohne ihn hinaus.

L Hermeto‘s Universe Paschenrecords 2020 www.paschenrecords.de www.steffenschorn.de