© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 41/20 / 02. Oktober 2020

Der Fall Lüth und die Zukunft der AfD
Gaulands Verantwortung
Dieter Stein

Im Fall Lüth verdichtet sich die aktuelle Misere der AfD. Der jetzt veröffentlichte heimliche Mitschnitt mit ekelhaften Äußerungen des langjährigen Pressesprechers der Bundestagsfraktion schockiert selbst abgebrühte Parteigänger. Daß er sofort gefeuert wurde, versteht sich von selbst. Nur: Was ist das für ein Milieu, das solche Gestalten anzieht? Und warum konnte sich diese Figur überhaupt so lange halten, obwohl zahllose Eskapaden seit Jahren bekannt sind? 

Die Antwort lautet: Weil Fraktionschef Alexander Gauland seine schützende Hand über ihn gehalten hat. Wie er diese bis jetzt über den vom Bundesvorstand zum Glück aus der Partei gedrängten Rechtsausleger Andreas Kalbitz und andere hält, die für einen Kurs der Radikalisierung stehen. Einen Kurs, der die AfD ins Aus führt. Der Zerfall von inzwischen drei Landtagsfraktionen ist nur ein Vorgeschmack.

Mit dem Gerede vom „gärigen Haufen“ kultivierte Gauland das Prinzip Chaostruppe. Man läßt die Dinge laufen, in der Hoffnung, daß sie sich von selbst erledigen. Doch hat dieses Verfahren längst selbstzerstörerische Züge angenommen. Warum sollte jemand der AfD politische Verantwortung übertragen, wenn sie noch nicht einmal in der Lage ist, das Personal ihrer Fraktion in den Griff zu bekommen? Warum soll man AfD-Politikern trauen, Deutschland zu führen, wenn sie noch nicht einmal fähig sind, das bei ihrer eigenen Partei vorzuführen?