© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 41/20 / 02. Oktober 2020

CD-Kritik: Macbeth – Gedankenwächter
Friedenstauben
Jörg Fischer

Zwar wurde vor 35 Jahren im FDJ-Radio DT64 mehr Metal gespielt als bei Westsendern, doch wer nicht spurte, bekam die erbarmungslose Härte des SED-Regimes zu spüren: So wurden 1986 von der Erfurter Stasi-Kreisdienststelle „Maßnahmen zur Liquidierung“ der Metalband Macbeth eingeleitet. Sänger Detlef Wittenburg wählte – gebrochen durch die DDR-Haft – 1989 den Freitod. Erst 2002 wagten Gitarrist Ralf Klein und Bassist Hanjo Papst mit dem legendären Argus- und Moshquito-Sänger Olli Hippauf einen Neuanfang.

Doch mit ihrer Stalingrad-Trilogie (CD „Wiedergänger“ 2012) eckten die fünf Thüringer wieder an – Youtube hat das pazifistische Video zweimal gelöscht. Das neue Album „Gedankenwächter“ enthält weitere Anlässe für die „cancel culture“: So beginnt „Brandstifter“ zwar mit Bertolt Brechts Friedensrede von 1952, doch der Refrain „Zu den Waffen rufen sie, doch auf dem Schlachtfeld sieht man sie nie“ paßt besser zu olivgrünen Außenpolitikern. „Daskalogiannis“ ist dem griechischen Widerständler gegen das Osmanenjoch gewidmet, und bei „In seinem Namen“ ist nicht Franziskus gemeint. Die Textzeile „Denunzieren ist heute wieder Pflicht, damit es euch nicht selbst erwischt“ im Titellied ist brandaktuell. „Wolfskinder“ und „Demmin“ sind hingegen eine Reminiszenz an die Leiden der deutschen Zivilisten 1945 – aber ganz ohne Russen-Phobie.

Macbeth Gedankenwächter Massacre Records 2020  macbeth-music.de massacre-records.com