© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 42/20 / 09. Oktober 2020

Nacktfotos für eine Handvoll Dollar
Video-Plattformen: In den Streit um wirksamere Altersbeschränkungen platzt der Erfolg von „OnlyFans“
Tobias Dahlbrügge

Es war nur eine Frage der Zeit, bis neben Influencern auch professionelle Anbieter von „Erwachsenenunterhaltung“ Instagram als Kanal nutzen, um sich bekannt zu machen. Da auf Instagram und Facebook Nacktfotos und Pornographie allerdings zum Glück dem Jugendschutz zum Opfer fallen, hat sich mit OnlyFans eine neue Plattform für Online-Inhalte „ab 18“ etabliert.

Pornosternchen, Erotik-Amateure, aber auch einige Fitneß- oder sogar Yoga-Models nutzen die Plattform, um mit intimen Inhalten Geld zu generieren – nach dem Motto: „Hier seht ihr meine Bilder, die ich auf Instagram nicht veröffentlichen kann.“ Der Zugang ist niedrigschwellig: Beim Einrichten des persönlichen Profils gibt es nicht einmal eine Altersabfrage. Lediglich als Inhalteproduzent ist ein Identitätsdokument nötig. Ähnlich wie bei Instagram oder Youtube bekommt man Vorschläge angeboten, jedoch ist OnlyFans kostenpflichtig. Man zahlt aber nicht für die Nutzung der Plattform, sondern monatlich für die einzelnen individuellen Accounts. Da OnlyFans durch interaktive Kontaktmöglichkeiten wie Chats Nahbarkeit und personalisierte Sonderwünsche verspricht, zahlen Nutzer gerne mindestens 4,99 Dollar dafür, daß sich Profis, Studentinnen, aber auch männliche Anbieter ganz oder teilweise ausziehen. Die sogenannten Creators – laut Unternehmen 500.000 weltweit und 4.000 in Deutschland – zahlen 20 Prozent ihres Umsatzes an die Betreiber der Londoner Fenix International Limited. 

Nach eigenen Angaben gibt es mittlerweile 25 Millionen zahlende Nutzer, Tendenz schnell steigend. Auch weil vermeintliche Feministinnen wie die Youtuberin Suzie Grime die Plattform für ihr „Female-Empowerment“ und eine angebliche Demokratisierung der „Sexarbeit“ preisen, da die Frauen die Konditionen festlegten. „Intim-Fluencerin“ Yma Louisa Nowak will mit ihren Nacktfotos und -videos als „dicke Woman of Color“ Tabus brechen, wie sie Zeit Campus, funk und Deutschlandfunk Nova erzählt. Nebeneffekt: 1.500 bis 5.000 Euro monatliche Einnahmen.

Die Netzseite feiert ausgerechnet jetzt Erfolg, wo die 14 Landesmedienanstalten unter Führung der Landesmedienanstalt NRW große Porno-Portale wie Youporn, Pornhub, Mydirtyhobby und xHamster juristisch zwingen wollen, zumindest auf ihren deutschsprachigen Seiten „wirksame Altersbeschränkungen“ einzuführen (JF 26/20). Der Ausgang des Verfahrens ist ungewiß: Drei der Unternehmen haben kürzlich Gegenklage eingereicht.Allerdings will OnlyFans weg von dem Schmuddelimage und zieht bereits vergleichsweise harmlose Koch-, Mal- oder Schminkanleitungen an. Vielleicht ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis Polit-Inhalte um die finanzielle Gunst der Nutzer boulen – insbesondere wenn man bei anderen sozialen Medien gelöscht wurde.