© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 42/20 / 09. Oktober 2020

Leserbriefe

Zum Schwerpunktthema: „Natürlich eine Nation“, JF 41/20

Montesqieu und Machiavelli

Besser als in Karlheinz Weißmanns Forum-Beitrag „Des Glückes Unterpfand“ läßt sich unsere moderne Nation als identitäts-, einheits-, rechts- und verantwortungsstiftende Kraft nicht auf den Punkt bringen. Erfrischend der freimütige „unpersönliche Stolz“ auf die herausragenden Leistungsbeiträge der Deutschen Geschichte. Schließlich sollte uns mal nicht mit Scham, sondern einmal mehr mit Genugtuung das Zeugnis nichtdeutscher großer Geister und Kulturen ermuntern. Montesquieu, Vater der Demokratie, sah den Geist der Freiheit (wie Hegel) in den Wäldern Germaniens geboren. Der größte Staatsphilosoph seiner Zeit, Machiavelli in seinen Discorsi, sah den freiheitlichen Geist und die guten Sitten in einem ruchlosen europäischen Umfeld nur in deutschen Städten vertreten. Wenig später fand China eine Bezeichnung für Deutschland, die sich als „Land der Tugend“ übersetzen läßt.

Dietmar Siepen, Monheim am Rhein






Zu: „‘Es war eine Befreiung’“, im Gespräch mit Chaim Noll, JF 41/20

Wegbereiter der Einheit bestraft

Als ich 1968 mit tschechischen Studenten in Prag für Demokratie und gegen das kommunistische System auf die Straße ging, war ich überzeugt, daß die außerordentliche wirtschaftliche Dynamik der westdeutschen Marktwirtschaft und die persönliche Freiheit der Menschen in der „westlichen Demokratie“ Grundpfeiler der Zukunft sind. Besonders angetan war ich von der Gleichbehandlung aller Parteien, die es in der DDR nicht gab. 

Durch die Hilfe des damaligen Bundeskanzlers Helmut Kohl konnte meine Familie aus der DDR in die Bundesrepublik übersiedeln. In den 1980er Jahren erwartete uns eine Demokratie, die kein Schlagwort war, sondern in allen Facetten gelebt wurde. Heute muß ich dem Schriftsteller Chaim Noll beipflichten, wenn er warnt, daß sich dreißig Jahre nach der Einheit die Geschichte wiederholen könnte, denn unser Land ist leider tief gespalten wie nie zuvor. Ehemalige Staatsfunktionäre der DDR bekommen zwischenzeitlich eine großzügige Rente und die Flüchtlinge, Freigekauften und Übersiedler wurden rentenrechtlich nach der Wiedervereinigung auf ihre DDR-Rentenansprüche zurückgestuft, erhalten teilweise 500 Euro weniger – und müssen dadurch mit erheblichen persönlichen Einschränkungen leben. Somit wurden die politischen Wegbereiter der Wiedervereinigung Deutschlands  materiell bestraft, und für die ehemaligen SED-Funktionäre galt Eigentumsschutz. 

Mit großer Enttäuschung beobachte ich heute die Entwicklung des Demokratieverständnisses in der deutschen Politik. Abweichende Meinungen werden nicht diskutiert, sondern stigmatisiert, wie bei der Rede von Arnold Vaatz im Sächsischen Landtag.

Thomas Schaufuß, Berlin






Zu: „Auf geheimdiplomatischem Wege“ von Gernot Facius, JF 40/20

Der Vatikan unternahm nichts

Im Zweiten Weltkrieg hat sich Papst Pius XII. eindeutig gegen den Holocaust positioniert? Bereits vor Hitlers Angriff auf die Sowjetunion spricht er in seiner Rede vor dem Kardinalskollegium im Juni 1940: „Gott ist mein Zeuge, daß ich mit heißem Herzen dem Kampf der deutschen Heere gegen den gottlosen Kommunismus vollen Erfolg wünsche und täglich im Gebet von Gott, dem Lenker der Schlachten, erflehe.“ Papst Pius XII. unterstützte die Kräfte, die sich gegen den sowjetischen Bolschewismus richteten, die aus katholischer wie auch aus nationalsozialistischer Sichtweise vom internationalen Judentum gesteuert wurde. 

Im Dezember 1942 erklärten die alliierten Länder in 23 Sprachen, daß die Juden in Europa, mit dem angekündigten Plan Hitlers, ausgerottet werden. Eine Erklärung des Vatikans hierzu unterblieb mit dem fadenscheinigen Hinweis, es sei unter anderem unmöglich „die allliierten Berichte über die Zahl der ausgerotteten Juden zu überprüfen“. Nach dem deutschen Einmarsch im April 1941 in Jugoslawien wurde unter der Führung der klerikalfaschistischen, katholischen Ustascha mit ihrem Gründer Ante Pavelic ein Terrorregime errichtet und machte Jagd auf die jüdische Bevölkerung. Der Vatikan war auch über diese Vorgänge informiert und schwieg. Bereits im Mai 1941 empfing Pius XII. den katholischen Faschisten und Massenmörder Ante Pavelic in Privataudienz. Die Verbrechen der Ustascha wurden vom Papst nie öffentlich verurteilt.

Claus Rochlitzer, Paderborn






Zu: „Im violetten Nebel küßte er den Himmel“ von Matthias Matussek, JF 39/20

Hendrix-Akkord von Harrison

Die Überschrift bezieht sich offenbar auf den Titel „Purple Haze“ von Jimi Hendrix. Purple heißt aber purpur, während violett violet heißt. Es müßte also „Im purpurnen Nebel küßte er den Himmel“ heißen. Außerdem ist Purple Haze eine Cannabis-Art, die hier ganz offensichtlich gemeint ist, aber nicht erwähnt wird. Zweitens eröffnet „Purple Haze“ nicht mit dem „Hendrix-Akkord“, sondern mit dem altbekannten Tritonus, bestehend aus Grundton, verminderter Quinte und Oktave. Mit dem „Hendrix-Akkord“ eröffnet ein anderer Hendrix-Titel, nämlich „Foxy Lady“, auf dem es auch im ganzen aufbaut. Auch das „Riff aus vier Tönen“ gehört dazu. 

Drittens wird der „Hendrix-Akkord“ zwar viel von selbigem eingesetzt, erfunden kann er ihn aber nicht haben. Denn dieser erklang bereits 1966 im Song „Taxman“ von George Harrison auf dem Beatles-Album „Revolver“, also ein Jahr vor „Purple Haze“, welches 1967 erschien. Ich nenne ihn auch lieber „Blues-Akkord“, weil er blues-typisch Dur und Moll vermischt. Er besteht nämlich aus Grundton, großer Terz, Septime und kleiner Terz in der höheren Oktave, was Matussek mit 7#9 andeutet. Damit möchte ich das Verdienst von Jimi Hendrix nicht schmälern. Er war ein ganz großer Virtuose und Komponist und hat sich um die Entwicklung der modernen Musik sehr verdient gemacht.

Roland Sprenger, Herford






Zum Schwerpunktthema: „Wer sind unsere Ahnen?“, JF 38/20

Keine andere Zeitung

Daß 20 Generationen über eine Million Ahnen bedeuten, hätte ich nie gedacht und nicht geglaubt, bis ich es nachgerechnet habe! Danke! So wertvolle Informationen enthält keine andere Zeitung!

Bettina Decher, Frankfurt am Main




Name, Geburtszeit, Herkunftsort

Besonders interessant für mich war das Interview von Moritz Schwarz („Verwandt mit Karl dem Großen“). Selbst Nachfahre von Hugenotten, war es für mich und die meisten unserer Verwandten besonders interessant, alles über unsere Vorfahren zu wissen. Dies Interesse ist besonders an den Kindern zu beobachten, die nicht bei ihren leiblichen Eltern aufgewachsen sind und unbedingt wissen wollen, wo ihre Wurzeln sind. Die Namen, Geburtsdaten, Herkunftsorte sind für alle wichtig, ebenso die Kenntnis über die Berufe, Fähigkeiten und gesellschaftlichen Positionen der Vorfahren. So können wir uns unserer eigenen Vorlieben und Talente, die schließlich Teil unseres Erbgutes sind, besser bewußt werden – und sie vielleicht sogar selbst fördern. Mir fiel auf, daß meine Eltern, Großeltern etc. ähnliche Berufe und Tätigkeiten aufwiesen, die deutlich anders waren als etwa bei den Eltern etc. meiner Frau.

Otfried E. Barbe, Berlin






Zu: „Realsatire am Telefon“ von Oliver Busch, JF 38/20

Zumindest Antisozialist

Ich stimme dieser Rezension und der Beschreibung der verwirrten Berufsprogressiven Sibylle Berg vollkommen zu. Aber gerade deshalb möchte ich auf eine grobe Fehlformulierung hinweisen – der Autor fabuliert vom „linkslibertären Selbstverständnis“ der Berg. Nichts aber könnte widersprüchlicher sein! Viel läßt sich diskutieren, über die ungewöhnliche libertäre Denkschule, eines aber nicht – jeder, wirklich jeder Libertäre kann und muß Antisozialist sein. Die kommunistischen Flausen einer Sibylle Berg und libertäres Denken sind wie Feuer und Wasser. Der Phantasiebegriff „linkslibertär“ sollte daher schnell dem Vergessen anheim fallen.

Horst Unterholzner, Sankt Konrad / Österreich






Zu: „Im Visier“ von Christian Vollradt, JF 37/20

Führen wie ein Ägypter

Ich hatte das Glück, nach meiner Kommandeurzeit als Reservist beim KLK/DSO (Kommando Luftbewegliche Kräfte/Division Spezielle Operationen, heute DSK) schließlich als Chef des Stabes eingesetzt zu werden und als solcher mehrere DSO-typische Übungen, wie „bewaffnete Rückführung“ nach vorausgehender Geiselbefreiung durch das KSK machen zu dürfen. 2001 führte ich als stellvertretender Nationaler Befehlshaber das „Bright Star Kontingent“ in Ägypten mit KSK-Beteiligung. Die KSK-Kommandeure, die Generale Günzel, von Butler und Hartbrod habe ich persönlich gut gekannt, auch den Schöpfer der GSG 9, General Wegener. Deshalb ein Wort zur „Elite“: Kein wirklich gebildeter Mensch wird je von sich behaupten, gebildet zu sein. Ebenso wird kein Angehöriger einer echten Elite dies herausstellen. Ich habe bei den oben genannten Übungen feststellen müssen, daß es manchen Generalstabsoffizieren nicht möglich war, Zugang zur Mentalität der KSK-Soldaten zu bekommen.Wenn dies schon Soldaten nicht möglich ist, wie soll das erst zivilem Personal aus dem Parlament gelingen, da sie die für einen Normalsterblichen unvorstellbaren charakterlichen, seelischen und körperlichen Anforderungen gar nicht nachvollziehen können? 

Vermutlich ist dies bei einem strengen Orden wie den Zisterziensern oder Kartäusern ähnlich. Diese Menschen, egal ob Elitesoldaten oder Ordensleute, leben in ihrer eigenen Welt, zu der Außenstehende nur schwer, wenn überhaupt, Zugang haben. Die jeweiligen Kommandeure oder Äbte haben streng darauf zu achten, daß keine unerwünschten Entwicklungen aufkommen. Dies gelingt nur, wenn der Vorgesetzte den vollen Respekt seiner Männer genießt! Der offene Brief des KSK-Kommandeurs an seine Männer war da ein völlig ungeeignetes Mittel der Menschenführung! Ich werte ihn eher als „Selbstexkulpation“! Hier hat eindeutig das psychologische Auswahlverfahren versagt. Wenn ein Offizier sieben Disziplinarebenen bei einer Beschwerde überspringt und dann noch von der obersten militärischen Führung ernst genommen, statt gemaßregelt wird, sagt dies über die Generalität mehr aus als über den Beschwerdeführer. 

Die getroffenen „Reinigungsmaßnahmen“, zum Beispiel die Herauslösung aus der internationalen Ausbildungs- und Übungstätigkeit, wird dem KSK den „Todesstoß“ versetzen. Im Gegensatz zu Truppen unserer alliierten Kameraden fallen unsere Medien bei jeder Gelegenheit mit einer Häme über die Bundeswehr her, die einen beschämt. 2010 war ich Gast bei den Feierlichkeiten des französischen Nationalfeiertages und durfte auf der Ehrentribüne den Vorbeimarsch der Truppengattungen erleben. Alle Abordungen wurden von der französischen Bevölkerung mit Beifall bedacht. Als dann, mit gewissem Abstand, die Marschgruppe der Fremdenlegion, eine international hochgeachtete Elitetruppe, vorbeidefilierte, erhoben sich alle Ehrengäste von ihren Plätzen und applaudierten. Davon können die Angehörigen der Bundeswehr, der Parlamentsarmee, wie sie auch genannt wird, nur träumen.

Erwin Reus, Oberst d. R., Rektor i.R., Bamberg






Zu: „Sich selbst erfüllende Prophezeiung“ (wm), JF 37/20

Eher ND, „Zeit“ oder DGB-Zeitung

So sehr ich die JUNGE FREIHEIT in ihrer konservativ-liberalen politischen Ausrichtung schätze, so sehr befremden mich immer wieder die Beiträge Ihrer Autoren Wolfgang Müller (wm) und Dirk Glaser (dg). Vor allem bei Müller läßt sich schon vorab darauf wetten, daß in seinen Beiträgen der abgedroschene linke Kampfbegriff „neoliberal“ auftauchen wird, gerne begleitet durch das ebenfalls beliebte Adjektiv „marktradikal“. 

Marktradikale Verhältnisse in der Bundesrepublik? Ach, wie wäre das schön! Wenn Müller die tatsächlich ausmacht angesichts einer Staatsquote am BIP von konstant zwischen 45 und 50 Prozent, zeigt das, daß er offensichtlich in einer Traumwelt lebt. Planwirtschaftlich vergurkte Energiewende, verstaatlichte Banken-, Touristik- und Luftfahrtunternehmen, Mindestlöhne, Mietpreisbremsen, staatliche Klimapakete im Billionenumfang: nicht einmal der Begriff „marktwirtschaftlich“ hat hierzulande noch seine Berechtigung. Vom fatalen Geld-, Zins- und Währungssozialismus ganz zu schweigen. Weitere Lieblingsbegriffe der beiden Autoren: „Deregulierung“ und „Sozialabbau“. Deregulierung: Wo bitte soll die stattfinden? Auch hier gilt: schön wär’s, weil dadurch Wirtschaftskraft entfesselt und von bürokratischen Beschränkungen befreit würde. „Sozialabbau“: Aha. Aber seit den „neoliberalen“ 80er Jahren ist die Sozialleistungsquote von 25 auf 30 Prozent des BIP geklettert, mit ziemlich konstanter Aufwärtsentwicklung, trotz „Agenda 2010“. 

Hinzu kommt die Sprache. Wie klar und verständlich drücken sich überzeugte Marktwirtschaftler wie Erich Weede, Thorsten Polleit oder Markus Krall doch aus, wenn sie ihre Artikel in der JF veröffentlichen! Eingängige, logisch nachvollziehbare, verständliche und daher überzeugende politische Botschaften. Demgegenüber die verschachtelten Sätze der Linken, theoriegesättigt, kopflastig, zum Teil mit Fremdwörtern gespickt, die man erst einmal nachschlagen muß. Es zeigt sich hier wieder einmal: Linke verstehen es meisterhaft, von der inhaltlichen Dürftigkeit ihrer Botschaften durch bombastische Sprachgebilde abzulenken. Sollen sie das doch tun. Aber dann bitte in DGB-Zeitungen, der Zeit oder am besten gleich im Neuen Deutschland. In der JF kann ich auf derlei Klassenkampfprosa nur zu gerne verzichten.

Stephan Schwarz, Duisburg