© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 42/20 / 09. Oktober 2020

Kabinenklatsch
Tote Hose auf Schalke
Ronald Berthold

Schon vor der Saison habe ich auf Schalke als heißesten Kandidaten für den Abstieg getippt. Nun wäre es nach drei Spielen etwas voreilig, wenn ich mich schon bestätigt sähe. Die Erfahrung lehrt, daß sich alles noch drehen kann. Bei den Gelsenkirchenern frage ich mich allerdings, wie das klappen soll. 

Es sind ja nicht nur drei Niederlagen, die die „Knappen“ mit sich herumschleppen. Es sind drei echte Debakel. Am vergangenen Wochenende ging S04 auch bei Leipzig unter. Es geht um die Einstellung einer vermeintlichen Mannschaft, die sich beinahe widerstandslos abschlachten läßt. Hinten offen wie ein Scheunentor und vorn ungefährlich wie ein bellender Rehpinscher. 1:15 Tore sind peinlich. Zumal der einzige Treffer erst in der Nachspielzeit gegen souverän mit 3:0 führende und im Gefühl des sicheren Sieges locker gewordene Bremer zustande kam. Langsam erinnern die Schalker ans legendäre Tasmania 1900 – das bis heute schlechteste Team aller Zeiten. 

Permanent unterlegen: Rekordverdächtige Erfolglosigkeit sollte Anlaß zu größter Sorge sein.

Aber selbst die Neuköllner standen 1965/66 nach drei Spieltagen nicht so armselig da wie diesmal der Ruhrpott-Klub. Tas hatte zu diesem Zeitpunkt immerhin schon einmal gewonnen, und das Torverhältnis stand bei 2:7. Am Ende gingen die nach der Drei-Punkte-Regel umgerechneten zehn Zähler und 15:108 Tore in die Bundesliga-Geschichte ein. Die Berliner waren damals allerdings völlig unvorbereitet in die Bundesliga delegiert worden, nachdem der DFB Hertha BSC am Saisonende rausgeschmissen hatte. Ironie der Geschichte: Schalke blieb damals deswegen der sportlich feststehende Abstieg erspart. 

Aber Geschichte wiederholt sich nicht. Und darum will ich mich auch nicht zu der Aussage versteigen, Schalke könnte Tasmanias Negativ-Rekord brechen. Aber inzwischen saisonübergreifend rekordverdächtige 19 Spiele ohne Sieg sollten Anlaß für größte Sorge sein. Erst recht, wenn ein Trainerwechsel überhaupt gar keine Wirkung zeigt. Wer permanent so unterlegen ist und nicht wettbewerbsfähig scheint, dem stellt sich die Frage, wen man überhaupt noch schlagen will.