© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 43/20 / 16. Oktober 2020

Oliver von Dobrowolski. Der grüne Polizeigewerkschaftschef gewinnt an Einfluß.
Antifa in Uniform
Jan Martens

Daß es mehr als eine Polizeigewerkschaft gibt, sorgt bei manchem für Verwirrung, insbesondere, da sich die zwei großen Interessenvertretungen namentlich kaum unterscheiden: Der „Gewerkschaft der Polizei“ (GdP) wird eine Nähe zur SPD nachgesagt, der „Deutschen Polizeigewerkschaft“ (DPolG) eine Nähe zu den Unionsparteien. Angesichts des gewachsenen Einflusses der Grünen wundert es somit nicht, daß sich 2013 mit „PolizeiGrün e. V.“ auch eine Interessenvertretung in deren Umfeld gründete.

Aushängeschild der kleinen, aber wirkmächtigen Berufsvertretung ist der gebürtige Berliner Oliver von Dobrowolski, der dort in der Innenstadt im Einsatz ist. Der Kriminalhauptkommissar, Mitglied der Grünen, möchte in seiner Partei innenpolitisches Wissen einbringen und Verständnis für die tägliche Polizeiarbeit erzeugen. Im Unterschied zu anderen Gewerkschaftsvorsitzenden sieht der 44jährige es jedoch nicht als seine Aufgabe an, seine Berufsgruppe zu verteidigen, sobald gegen sie öffentlich pauschale Vorwürfe erhoben werden. Vielmehr ist die Polizei nach seiner Auffassung „Teil des Problems“. So forderte er etwa angesichts der G20-Krawalle in Hamburg 2017 eine Kennzeichnungspflicht für Polizisten sowie die „Verbesserung des Rechtsschutzes für Adressaten polizeilicher Maßnahmen“. In der Diskussion um die taz-Kolumne „All cops are berufsunfähig“, laut der Polizisten auf dem Müll entsorgt werden sollten, ergriff von Dobrowolski Partei für die Verfasserin. Und nach den „Party-Szene“-Ausschreitungen in Stuttgart, stellte er klar, worüber man nun reden müsse: „über unsere Polizei!“

Von Dobrowolski bezeichnet sich selbst gern als „Antifaschisten“. Als die Junge Union das Bekenntnis der SPD-Vorsitzenden Saskia Esken Anfang Juni zur Antifa hinterfragte, bezeichnete er die Jugendorganisation als „Schande für unser Land“. Ganze 7.200 Twitter-Nachrichten hat der Beamte in den letzten zehn Jahren verfaßt beziehungsweise retweetet, einen Großteil davon polemisch und emotionalisierend. So bezeichnet er seine Kritiker schon mal als „menschenverachtend“, um sie im gleichen Atemzug als „Würstchen“ zu beleidigen. Besondere Abneigung hegt der Vereinsvorsitzende gegen die Bild-Zeitung, die DPolG und deren Vorsitzenden Rainer Wendt, den er einen „Gewerkschafts-Zombie“ nennt und 2017 zum Ziel einer Online-Petition gemacht hat.

Seine provokanten Äußerungen verschaffen dem PolizeiGrün-Sprecher ein Maß an Öffentlichkeit, das ihm im Hinblick auf die geringe Mitgliederzahl der Gruppierung wahrscheinlich nicht zusteht. Seine Äußerungen bescheren Oliver von Dobrowolski allerdings auch immer wieder empörte Reaktionen von Kollegen, die seinen Angaben zufolge oft unter die Gürtellinie gehen. Für den Grünen ist das freilich nur eine Bestätigung, daß er mit seiner Kritik richtigliegt.