© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 43/20 / 16. Oktober 2020

Grüße aus Bern
Keine Lust auf Risiko
Frank Liebermann

Corona prägt auch die Stadt Bern schon lange. Seit vergangener Woche wieder etwas mehr. Nachdem die Zügel seit Mai lockerer waren, wurden sie diesen Montag stark angezogen. Die Zahl der Infizierten ist drastisch gestiegen, es gab Handlungsbedarf. Eine Maskenpflicht bestand bisher in den öffentlichen Verkehrsmitteln und an Orten, an denen der Mindestabstand nicht eingehalten werden konnte. 

Persönlich habe ich nichts gegen Hygienemasken. Die Ansichten der Wendlers und Hildmanns zu diesem Thema halte ich für minderbegabt. Seit mir eine gute Freundin von ihrer Corona-Erkrankung erzählte, habe ich noch weniger Interesse an einer Infektion als zuvor. Sie ist 40 Jahre alt, sportlich und kämpft mit den Nachwirkungen. 

Ich habe den Eindruck, daß ich mit der Schutzmaske vorteilhafter aussehe.

Beim Treppenlaufen ist sie schnell außer Atem, und sie leidet an einer chronischen Müdigkeit. Bei mir ist das manchmal auch so. Allerdings ohne Corona. Auf weitere Einschränkungen meines Wohlbefindens kann ich verzichten. Außerdem bin ich ein potentieller Risikokandidat. Der Blutdruck und leichtes Übergewicht lassen grüßen. 

Inzwischen gilt in allen öffentlichen Innenräumen eine zwingende Maskenpflicht. Das betriff Läden, Museen, Restaurants, Imbisse und Kirchen. Die Maske darf nur abziehen, wer einen Sitzplatz hat. Für mich ist das kein Problem. Ich bin ein Sitzer aus Gewohnheit. 

Die Logik der neuen Regeln ist nicht klar verständlich. Während auf den Bahnsteigen Masken vorgeschrieben sind, ist dies in Fitneßstudios nur in den Umkleideräumen der Fall, im Trainingsbereich dagegen nicht. Die Gastronomen stöhnen. Im Sommer gab es massive Umsatzeinbrüche, trotz der Außensitzplätze. Mit den Masken und dem anstehenden Winter könnten die nächsten Probleme drohen. Dasselbe befürchten die Einzelhändler, die keine lebensnotwendigen Produkte verkaufen.

Im Stadtbild ist die neue Situation sichtbar. Waren vorher eher vereinzelt Menschen mit Masken zu sehen, hat sich deren Anzahl deutlich erhöht, vor allem bei den jüngeren Personen. Auch in Bereichen, in denen keine Tragepflicht besteht. Gefühlt wirkt die Stadt erheblich leerer.

Für mich ist das Tragen der Maske kein Problem. Neben dem möglichen Schutz habe ich den Eindruck, daß ich vorteilhafter aussehe. Damit kann nämlich niemand meine Lücke im Gebiß sehen, die ich bis zur Einsetzung meines Zahnimplantats habe.