© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 43/20 / 16. Oktober 2020

Planlos in Brüssel
Mehr Seifenoper als Polit-Show: In der ARD-Serie „Parlament“ lernt Hauptfigur Samy die Intrigen der EU kennen
Hermann Rössler

Treffen sich ein Franzose, eine Britin und ein Deutscher in Brüssel ... Die ARD, France Télévision und die belgische Produktionsfirma Artémis Productions haben aus einem klassischen Nationalitäten-Witz eine multi-linguale TV-Serie gemacht: „Parlament“ läuft seitdem 6. Oktober bis Mitte November auf ARD One. 

Der Franzose Samy fängt als Assistent bei dem EU-Abgeordneten Michel an, der zwar schon drei Jahre in Brüssel arbeitet, dem Frischling aber nichts beibringen kann und ihm an Naivität wenig nachsteht. Samys Mission: eine Gesetzesvorlage einzureichen, die das Abtrennen von Haifischflossen verbieten soll und damit die Fischereilobby auf den Plan ruft. Ingeborg, eine verhaltensgestört wirkende deutsche Abgeordnete, durchkreuzt dabei regelmäßig seine Pläne. Zwar hat sie nichts gegen die Knorpelfische, sie verfolgt jedoch ein anderes Ziel: die Rechtspopulisten aus dem Parlament zu vertreiben. Für Ingeborg sind das „die Haie, die wir harpunieren müssen“.

Ausdrücklich erwähnt und bildlich eingeblendet werden Matteo Salvini, Nigel Farage und Viktor Orbán. Die Handlung findet kurz nach dem Brexit-Referendum statt. Die damalige britische Premierministerin Theresa May hält als Witzfigur her, die Rose, eine Assistentin einer Brexit-Befürworterin, in Zeiten der Selbstzweifel aufmuntern will. Samy verliebt sich in Rose, schafft es aber bis zum Ende der Staffel nicht, sie zu küssen – auch hier herrscht Chaos.

Ingeborgs deutscher Assistent Torsten entwickelt sich derweil zum zweifelhaften, hinterhältigen Freund Samys. Bei einer Szene im Straßburger Parlament streiten sich die beiden, ob die Stadt deutsch oder französisch sei. 

„Parlament“ gleicht einer leichtverdaulichen Seifenoper. Die Charaktere sind schemenhaft gezeichnet und mit soviel Klischees ausgestattet, wie es die Politische Korrektheit erlaubt. Diversity-Propaganda bleibt dem Zuschauer weitestgehend erspart, echte Politik allerdings auch.

Die Stuttgarter Zeitung wirft dennoch die Frage auf, ob seichter Humor angesichts real existirender Rechtspopulisten in Parlamenten überhaupt gestattet sei.

„Parlament“: 10 Folgen zu 25 Minuten, immer dienstags 20.15 Uhr auf One, alle Episoden in der ARD-Mediathek