© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 43/20 / 16. Oktober 2020

„Grüne Literatur“
Jugendbücher für die Generation Greta: Verlage setzen auf Klima und Diversität
Zita Tipold

Nachwuchsleser von heute sind die Weltretter von morgen. In den Regalen vieler Buchhandlungen ploppen immer mehr Kinderbücher über grüne Themen wie Umweltschutz, Migration oder Vielgeschlechtertheorien auf. Klimageschichten sind zu modernen Fabeln geworden. Die Moral ist aber immer dieselbe: Jedes anständige Kind sorgt sich um den Planeten und all seine Bewohner. 

Erzählungen über Indianer, Abenteurer und Seefahrer scheinen hingegen überholt zu sein und verstauben auf dem Stapel der Klassiker. Jüngst wurde darüber diskutiert, ob Michael Endes „Jim Knopf“ überhaupt noch gelesen werden sollte, weil der dunkelhäutige Junge in mehreren Passagen „Neger“ genannt wird. 

Früher hatten Hauptfiguren wie Winnetou oder Jim Knopf Heldenstatus. Heute sind sie getreu den Maßstäben der politischen Korrektheit Opfer stereotyper Darstellungen weißer Rassisten.

„Grüne Literatur“ erzieht Kinder politisch

Deutsche Verlage befeuern den literarischen Öko-Dreh, denn sie wollen Kinderbücher ganz neu erfinden. Ihr Motto dabei: Haltung zeigen. Laut dem Börsenblatt achtet der Usborne Verlag darauf, daß die Figuren in seinen Bilderbüchern unterschiedliche Hautfarben haben. Zudem sei es ihnen wichtig, keine „alten Rollenklischees“ bei Berufen zu vermitteln. „Stereotype, diskriminierende Sprache und Bilder können sich selbst in lediglich feinen Nuancen zeigen“, mahnt Magellan-Lektorin Barbara Dietzel in dem Magazin. 

Um dem vorzubeugen, ist der Loewe-Verlag bereit, es mit der deutschen Sprache nicht allzu genau zu nehmen. So werden im Jugendroman „Bus 57“ von Dashka Slater mal eben Wörter für einen geschlechtsverwirrten Jugendlichen erfunden. Weil der Protagonist nicht weiß, ob er sich als Mann oder Frau empfindet, kombiniert der Autor die Pronomen „sie“ und „er“ zu „Siere“ sowie die und der zu „dier“. Auf die sprachliche Abweichung folgte keine Rüge, sondern eine Nominierung für den Jugendliteraturpreis 2020. Als Quell der Inspiration dient vielen Autoren auch die „Fridays for Future“-Begründerin Greta Thunberg. Das Buch „Jella hat genug“ von Dagmar Hoßfeld dreht sich um ein freches junges Mädchen, das sich für den Klimaschutz einsetzt. Sie befürchtet, daß ihre Welt immer mehr kaputtgemacht wird. Deshalb stellt sie sich mit einem Protestschild vor das örtliche Rathaus und kämpft gegen illegale Müll­entsorgung. Ihrer Ansicht nach muß ihre Generation den Planeten retten, da es sonst keiner tut. 

Andere Titel benennen die Schwedin hingegen ganz direkt. So auch die Bücher „Gretas Geschichte – Du bist nie zu klein, um etwas zu bewirken“ oder „Unsere Zukunft ist jetzt – kämpfe wie Greta Thunberg fürs Klima“. Den Appell an die junge Leserschaft tragen sie bereits im Titel. 

Gerstenberg-Verlegerin Daniela Filthaut plädiert dafür, Jugendlichen Werkzeuge an die Hand zu geben, „um eine Gesellschaft frei von Rassismus, Ausgrenzung und Haß zu bauen“ – ob diese Werkzeuge Hammer und Sichel sind, läßt Filthaut offen.

Frei nach dem Motto „Klimaschützer aller Länder vereinigt euch“ wollen viele Autoren jungen Lesern nicht nur Nachhaltigkeit, sondern auch Internationalismus näherbringen. Das illustrierte Cover von Loll Kirbys „Groß genug, die Welt zu retten“ zeigt beispielsweise Kinder verschiedener Hautfarben. An einem Baum lehnt ein Schild, auf dem „Es gibt keinen Planeten B“ steht. Der Spruch stammt von der radikalen Klimaschutzorganisation Extinction Rebellion. Die Bücher verkaufen sich gut, denn „grün“ ist längst das neue „Made in Germany“ geworden – ein Markenzeichen. Mit der „grünen Literatur“ wird die Erziehung aber nicht nur politischer, sie wird thematisch auch auf Nachhaltigkeit und gesellschaftliche Vielfalt reduziert. So kann man sich gewiß sein, daß Kinder zu Erfüllungsgehilfen eines grünen Wahlprogramms herangezogen werden.