© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 43/20 / 16. Oktober 2020

Frisch gepresst

Napoleon. Das Leben und Wirken des Feldherrn und Kaisers Napoleon Bonaparte auf weniger als 400 Seiten zu bündeln, ist eine Herausforderung. Der stellt sich mit Johannes Willms ein Kenner der französischen Geschichte. In seinem neuen Buch widmet er sich dem „Mythos Napoleon“. In drei thematischen Blöcken nähert er sich dem Korsen. Den Auftakt bildet dessen Auftreten auf der historischen Bühne, als er im Oktober 1795 den Aufstand in Paris niederschlug. Das Werk endet mit posthumen Bewertungen des Kaisers durch seine Zeitgenossen. Die Rolle, die Napoleon links des Rheins zukommt, machen die Titel der Themenblöcke deutlich: „Der Mythos. Das Evangelium. Die Apotheose.“ Kritik läßt sich allenfalls an der Informationsdichte des Buches anbringen. Angesichts der Fülle von Namen und Fakten droht insbesondere der Leser, der in der intimen französischen Geschichte an der Schwelle des 18. zum 19. Jahrhundert nicht heimisch ist, bisweilen den Überblick zu verlieren. (ag)

Johannes Willms: Der Mythos Napoleon. Verheißung, Verbannung, Verklärung, Verlag Klett-Cotta, Stuttgart 2020, gebunden, 382 Seiten, 26 Euro





Schnelldurchgang. Nach seinen dicken Schwarten mit der Botschaft, alles Heil für das auf Holz- und Sonderwegen wandelnde Deutschland liege im „Westen“, also in den kolonialimperialistischen, vom Geldsack regierten Mimikry-Demokratien, bescheidet sich Heinrich August Winkler, der „Treitschke der Berliner Republik“ (Ulrich Schacht), mit einer „kurzen Geschichte der Deutschen“. Die rast auf nur zwanzig Seiten vom Mittelalter ins 19. Jahrhundert, handelt unter seiner stets dafür reservierten Lieblingsphrase „Einheit vor Freiheit“ das Reich von 1871 im Telegrammstil ab und teilt über Weimarer Republik, NS-Staat, Bundesrepublik und DDR nichts mit, was nicht noch knapper im dtv-Geschichtsatlas stünde. Nur auf den letzten Seiten, in der Gegenwart angekommen, ragt ein grandioser Satz aus dem platitüdenreichen Blätterteig heraus. Er kommentiert die hypermoralisch als Abschied vom „dunklen Deutschland“ inszenierte „Willkommenskultur“ von 2015/16: „Kann es sein, daß Deutschland die Stabilität seiner Gesellschaft aufs Spiel setzt für seine ewige Vergangenheitsbewältigung, für die Wiedergutmachung der Kriegsschuld?“ (wm)

Heinrich August Winkler: Wie wir wurden, was wir sind. Eine kurze Geschichte der Deutschen. C. H. Beck Verlag, München 2020, gebunden, 255 Seiten, 22 Euro