© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 43/20 / 16. Oktober 2020

Feindbild weiße Männlichkeit
Ihre „Geschichte des Sexismus“ gerät der Literaturwissenschaftlerin Susan Arndt zur Kampfschrift gegen „nichtstillende Männer“
Laila Mirzo

Kritische Weißseinforschung, Feminismus und Sexismus sind die Arbeitsgebiete von Susan Arndt, ihr Buch „Sexismus – Geschichte einer Unterdrückung“ kann also als logische Konsequenz ihrer Forschungen betrachtet werden. Es fällt einem schwer, diese Buchrezension nicht einfach mit einem ebenso knappen wie vernichtenden Urteil abzukürzen, tun sich doch solch schauderhafte literarische, soziopathische, pseudowissenschaftliche und neurotische Abgründe auf. Doch die anfängliche Antipathie gegenüber der Autorin macht während des voranschreitenden Lesens einem bedauernden Gefühl des Mitleids Platz und zudem wird einem schnell die Dimension und vor allem das Zerstörungspotential dieser ideologischen Bewegung bewußt. Dieses Buch ist eine Kampfschrift gegen „nichtstillende Männer“ und gegen Frauen, die ihr Geschlecht nicht zum Politikum machen wollen. Es generiert Mißtrauen und Mißgunst zwischen den Geschlechtern und schürt Haß unter den Ethnien. Der weiße, westliche Mann wird zum Inbegriff des Bösen.

Susan Arndt wurde 1967 in Magdeburg geboren, sie ist Professorin für englische und afrikanische Literaturen an der Universität Bayreuth. Ihre Studien führen sie zum Ergebnis, daß Sexismus ein „umfassendes Denk- und Herrschaftssystem“ sei, welches sich „in die DNA unserer Gesellschaft eingeschrieben“ hätte. Grund dieses Mißstands sei das „Postulat der binären Zweigeschlechtlichkeit“, Männer und Frauen würden in die Machtverhältnisse hineingeboren werden. 

Der Ursprung des Übels liege in der „urmenschlichen Arbeitsteilung“. Mit dem Übergang zum aufrechten Gang veränderte sich die Anatomie des Menschen, was dazu führte, daß Kinder früher geboren wurden, ohne eigenständig lebensfähig zu sein. Frauen mußten stillen, damit waren „Männer, als „nicht-schwangere und nicht-stillende Menschen schneller, kräftiger und belastbarer“ und konnten so ihre Vorherrschaft etablieren. 

Während Susan Arndt die „Entkleidungskultur“ des Westens in der Werbung und in den Medien beklagt, hat sie mit der „Verpackung“ der muslimischen Frau weniger Probleme. Ihrer Meinung nach lösen Mikrokinis (knappe Bikinis) bei den „selbsternannten Wächtern*innen der Konstruktion eines christlichen Europas“ keine Entrüstung aus, wohl aber die Burkinis badender Musliminnen. Der Protest gegen die Verhüllung der Frau im Islam, so Arndt, würde von „westlichen Wutbürger*innen“ lediglich „mißbraucht“ werden, um ihre „rassistische Verachtung des Islam“ auszudrücken. 

„Die Kurzformel dieses Interesses am Wohlbefinden islamischer Frauen*“ so schätzt die Autorin, laute: „Du bist ein Sexist, also bin ich es nicht, deswegen bin ich dir überlegen“. Diese „Macht- und Diskriminierungsverleugnung“ sei eine problematische Lüge, bei welcher es um die eigene „Selbsterhöhung“ ginge. Deswegen gäbe es „autonome Entscheidungen für den Hijab, gerade weil er zum Symbol des rassistischen Kampfes gegen den Islam“ geworden sei. 

„Vielen ist der Hijab gar zu einem Symbol des Widerstandes gegen Rassismus und pauschale Verurteilungen des Islam geworden“, stellt die Autorin fest und bringt dann ausgerechnet die Islam-Lobbyistin Khola Maryam Hübsch als Beispiel, welche die krude These aufstellte, das Tragen des Hijabs könne „sowohl feministisch als auch gegen patriarchalisch-kapitalistische Strukturen“ gerichtet sein. Beim Protest gegen die „simple Gleichsetzung des Tragens eines Hijabs mit Unterdrückung, Sexismus oder anderer Unfreiheit“ wäre der Hijab ein „Symbol der Freiheit und des Widerstandes“, so die Erklärung. 

Susan Arndt postuliert, daß „nur wenn verstanden wird, was Sexismus eigentlich alles ist, kann er erkannt, verlernt und strukturell nachhaltig unterwandert werden“. Ihr Angriff auf den weißen westlichen Mann schließt dabei auch Gott ein. Die Macht „weißer heterosexueller Männlichkeit*“ hätte die Herrschaft in Europa geprägt, expliziter: „Die Geschlechter-Macht weißer heterosexueller Männlichkeit* errichtete ihren Palast patriarchalischer Herrschaft“ und dazu gehöre eben auch das abendländische, christliche Gottesbild. 

In Summe könnten Arndts „Studien“ auch als Ausdruck einer morbiden Selbstwahrnehmung interpretiert werden, und doch will ich eine klare Leseempfehlung abgeben. Wer den derzeitigen Geschlechter- und Genderkampf verstehen will, muß dieses Buch lesen.„Mein Leben hat mich auf dieses Buch vorbereitet“, schreibt Susan Arndt im Vorwort. Darauf möchte ich antworten: Eine Therapie hätte dieses Buch verhindern können. 

Susan Arndt: Sexismus. Geschichte einer Unterdrückung. Verlag C.H. Beck, München 2020, gebunden, 416 Seiten, 26 Euro