© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 44/20 / 23. Oktober 2020

Die publizistische Visitenkarte Österreichs hat aufgegeben
Brüssels Sprachrohr an der Donau
(wm)

Für die Abonnenten der seit 1973 vierteljährlich erscheinenden „publizistischen Visitenkarte Österreichs im internationalen Dialog“, die Europäische Rundschau, kam das Aus fast über Nacht. Da das „Geld von Regierung und Wirtschaft heute in andere Richtungen“ fließe und ihr Chefredakteur Paul Lendvai zuletzt immer mehr die Rolle eines erfolglosen „Bittstellers bei potentiellen Finanziers“ spielen mußte, haben sich Herausgeber und das mit Wiener Politprominenz besetzte Kuratorium entschlossen, den laufenden 48. Jahrgang mit dem Frühsommer-Heft (2/2020) abrupt einzustellen. Das in Zeiten des Kalten Krieges „transatlantisch“ ausgerichtete, ab 1990 dann zum Brüsseler „Sprachrohr der Europäisierung“ gewandelte Periodikum ist damit selbst zu einem Kapitel politischer Ideengeschichte geworden. Auch im letzten Heft, das mit der Erinnerung an Ungarns „Versailler Diktat“, dem Vertrag von Trianon 1920, einen Schwerpunkt setzt, offenbaren sich nochmals Stärken und Schwächen der Rundschau. Konterkarierte die Redaktion doch die sachlich-informativen Essays über Ungarns „offene Wunde Trianon“ mit der Polemik des ungarischen Ökonomen Támas Bauer. Darin wird die Minderheitenpolitik des „Regimes“ Viktor Orbán beschuldigt, Trianon „revanchistisch“ korrigieren und die ethnisch-ungarische Bevölkerung Rumäniens „zurückgewinnen“ zu wollen. 


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