© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 44/20 / 23. Oktober 2020

Haltungsnote
In den Staub geworfen
Gil Barkei

Die Nazi-Paranoia in der Bundesrepublik nimmt immer groteskere Züge an. Standen Zahlenkombinationen mit 1 und 8 schon länger unter Generalverdacht, direkten Weges in die nationalsozialistische Diktatur zu führen, geraten nun auch weitere Zahlen und sogar Farben ins Visier. In einer Internet-Anzeige warb die Deutsche Bahn für ihr „10er TagesTicket“ im Nahverkehr. Dieses sei – und hier lauert die Machtergreifung – „33 Prozent günstiger als eine DB Monatsmarke“. 33! Etwa so wie 1933? Spätestens hier schlackern inoffiziellen Mitarbeitern des ehrenamtlichen Medien-Überwachungsapparats die Ohren. Daß die toxische Zahl auch noch in einem weißen Kreis auf rotem Grund daherkommt – immerhin nicht nur die Unternehmensfarben der Bahn – schlägt dem geschichtssensiblen Faß den Boden aus. „Habe schon glücklichere Händchen im Grafikdesign erlebt, werte Reichsbahn“, nörgelt ein Nutzer auf Twitter herum. 

Doch anstatt auf den Verfolgungswahn gelassen zu reagieren, wirft sich die Deutsche Bahn vor der digitalen Meute gehorsam in den Staub und „bedauert den Vorfall“: „Hier ist uns ein Fehler passiert. Daß der Online-Banner so erstellt wurde, hätte nicht passieren dürfen. Die Ausspielung wurde unverzüglich gestoppt.“