© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 45/20 / 30. Oktober 2020

Tamara Wernli. Furchtlos filetiert die politisch unkorrekte Journalistin ihre Gegner.
Die Dissidentin
Ronald Berthold

Wenn Feministen und Linke eine Frau diskriminieren, dann muß diese ihnen wehtun. Genau das tut Tamara Wernli – und deshalb wird sie von ihnen als „Postergirl der neuen Rechten“ diffamiert. Daß die Journalistin und ehemalige Fernsehmoderatorin blendend aussieht, intelligent und gewandt ist und auch noch vom Mainstream abweicht, bringt die Wächter über das Sagbare in Rage. Sie schrecken mit ihren auf ihr Äußeres bezogenen Beleidigungen auch nicht davor zurück, was sie selbst sonst empört: Frauenfeindlichkeit.

Die 47jährige Schweizerin redet in ihrem Youtube-Kanal über kontroverse Themen. Begonnen hat alles mit einer kritischen Betrachtung der deutschen Flüchtlingspolitik. Dabei ist sie ausgewogen, spricht der Gegenseite keinesfalls guten Willen und auch nicht zutreffende Argumente ab. Doch sie hält brillant dagegen und kommt zu eigenen Schlußfolgerungen. Der „Game of Thrones“-Fan geht geschickt vor, ficht nicht mit dem Säbel, sondern mit dem Florett. 

Über den Youtuber „Rezo“ sagte sie jüngst: „Man kann auch Leute schätzen, mit denen man in politischen Fragen uneins ist.“ Danach nahm sie dessen Polit-Video „Die Zerstörung der Presse“ auseinander und warf ihm Einseitigkeit und „selektive Auswahl der Quellen“ vor. Und sie hat recht: Wie kann man in einer Stunde das Medienversagen kritisieren, ohne den Fall Relotius zu nennen? Wernli: „Er schafft es dabei, den großen deutschen Medienskandal, der weltweit auf Entsetzen stieß, auszulassen.“

Tamara Wernli filetiert linke Weltbilder, ohne dabei verbrannte Erde zu hinterlassen. Dennoch ist sie zum Feindbild einer Klasse geworden, die sich im Besitz der absoluten Wahrheit glaubt. Intellektuell steckt sie ihre Kritiker locker in die Tasche. Wernli spricht und schreibt fließend Deutsch, Englisch und Französisch. Nachdem sie in Basel ihr Handelsdiplom erworben hatte, ging sie in die USA, absolvierte eine Schauspiel-Ausbildung und studierte Marketingplanung an der Universität von Kalifornien.

Zurück in der Schweiz führte sie fast zwanzig Jahre durch die Nachrichten des Fernsehsenders „Telebasel“ und wurde zu einer Institution. Sie produzierte eigene Sendungen, moderierte seichte Talkshows, die sie auch redaktionell leitete. Ihre Interviews waren nicht selten Stadtgespräch.

Diese heile Welt gab sie auf, um sich gesellschaftlichen Streitthemen zu widmen und damit Projektionsfläche für linke Attacken zu werden. Anders als es wohl hierzulande der Fall wäre, gilt sie in ihrer Heimat nicht als unberührbar. Zunächst engagierte die Basler Zeitung die Antifeministin als Kolumnistin, dann die Weltwoche als Autorin. Somit präsentiert sie also nicht nur auf Youtube, und in Deutschland gelegentlich bei Tichys Einblick, sondern auch in dem schweizweiten Nachrichtenmagazin ihre Sicht einer politischen Welt, die Wernli als Dissidentin ablehnt.