© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 45/20 / 30. Oktober 2020

Dem möglichen Desaster Paroli bieten
USA: Die Umfragen für Trump und seine Republikaner sehen nicht gut aus, doch sie kämpfen wie die Löwen
Liz Roth

Den Republikanern läuft die Zeit davon. Auch wenn sie in den Umfragen nach der vergangenen Debatte leicht aufholten, bleiben sie dennoch zwischen vier und fünf Prozentpunkten hinter den Demokraten. Nach Ansicht der Meinungsforscher RealClearPolitics und Rasmussen wird die Partei nicht nur die Präsidentschaft, sondern auch die Kontrolle über den Senat verlieren.Ein weiteres politisches Desaster für die Republikaner ist der erwartete Verlust vieler Sitze im Repräsentantenhaus und in den Versammlungen der jeweiligen Staaten. Wenige Experten sehen einen Weg für sie, am 3. November doch noch zu gewinnen. 

Kritik am Präsidenten aus den eigenen Reihen 

„Das Problem der republikanischen Partei ist, daß sie im Gegensatz zu den Demokraten nicht zusammenhält“, gestand Präsident Trump kürzlich seinen Anhängern bei einer Wahlkundgebung. In den Tagen vor der Wahl machen sie vornehmlich mit internen Konflikten statt mit politischer Strategie auf sich aufmerksam. 

„Die Art, wie er Diktatoren den Hintern küßt. Ich meine, die Art und Weise, wie er ignoriert, daß die Uiguren gerade jetzt in Xinjiang buchstäblich in Konzentrationslagern sind. Er hat auch keinen Finger für die Hongkonger gerührt“, antwortete der republikanische Senator Ben Sasse auf die Frage eines Wählers nach seinem Verhältnis zum Präsidenten. Sasse beklagt außerdem die relativ hohen Staatsausgaben und verglich Trump mit einem „betrunkenen Matrosen“.

Sasse ist nicht der einzige aus den eigenen Reihen, der das Weiße Haus kritisiert. Der Umgang mit der Pandemie hat zu einer Spaltung in der Partei geführt. Während ein Zweig, angeführt vom Präsidenten, sich für eine Öffnung des Landes und ein Ende der strengen Maßnahmen ausspricht, ist der andere äußerst besorgt und befürwortet, im Angesicht steigender Infektionszahlen, ein vorsichtigeres Vorgehen.

„Tatsächlich war ich seit dem 6. August nicht mehr im Weißen Haus, weil ich den Eindruck hatte, daß ihre Herangehensweise und Umgang mit der Sache anders war als meine, und ich habe darauf bestanden, daß wir im Senat eine Maske tragen und soziale Distanzierung praktizieren“, sagte Senatsmehrheitschef Mitch McConnell Mitte Oktober, der eigentlich als einer von Trumps engsten Verbündeten in der Partei gilt. 

Da das Repräsentantenhaus von den Demokraten kontrolliert wird und die Sprecherin, Nancy Pelosi, sich weigert, mit den Republikanern zusammenzuarbeiten, konnte bis jetzt auch kein weiteres Konjunkturpaket beschlossen werden, das Familien und Unternehmen bei der Bewältigung der Folgen der Pandemie helfen soll.

 Während die Republikaner bereit sind, eine Billion Dollar auszugeben, haben die Demokraten eine Summe von 2,2 Billionen Dollar im Auge. Sowohl Pelosi als auch der republikanische Finanzminister Steven Mnuchin sind angesichts der zunehmenden Kritik und Frustration unter den Bürgern, die verzweifelt eine weitere Hilfszahlung fordern, zu Schuldzuweisungen zurückgekehrt.  „Wir haben Kompromisse angeboten“, sagt Mnuchin. „Pelosi hat sich in einer Reihe von Punkten festgefahren. Wenn sie einen Kompromiß eingehen will, wird es eine Einigung geben.“

Laut Umfragen entfremden diese politischen Spiele in Washington viele potentielle Wähler auf beiden Seiten.

Da die Berichterstattung von New York Times, CNN und Co. überwiegend negativ für die republikanische Partei ausfällt und eine Voreingenommenheit gegenüber den Republikanern offensichtlich ist, bezweifeln einige unabhängige Journalisten und Kommentatoren einen tatsächlichen Regierungswechsel. 

Enthusiasmus der Trump-Fans ist allgegenwärtig

„Ich glaube den Umfragen nicht. Ich glaube, es gibt den stillen Trump-Wähler, und es gibt viele schüchterne Republikaner da draußen, die ihre Ansichten nicht unbedingt mit den Meinungsforschern teilen“, sagt der politische Kommentator Dave Rubin in seiner Youtube-Show. „Ich lebe in Los Angeles, politisch extrem links und eine der progressivsten Städte des Landes, und wo immer ich in diesen Tagen hingehe, finde ich wachsende Unterstützung für den Präsidenten. 

Rubin betont, daß sich in den vergangenen Jahren große nationale Bewegungen gebildet haben, die für die konservativen Republikaner werben, besonders bei Minderheiten. „Früher stimmten die Schwarzen und Latinos für die Demokratische Partei, weil das einfach so war, aber ich kann die Verschiebung erkennen. Viele von ihnen wollen sich nicht der Ideologie der extremen Linken und der sozialistischen Politik unterordnen, die die Demokraten jetzt vertreten“, fährt Rubin fort.

 „Vergessen Sie nicht, daß viele Schwarze gläubige Christen sind, und Latinos sind aus Ländern wie Venezuela und Kuba geflohen, um fern von sozialistischen Diktaturen frei in den USA zu leben. Ihre Werte stimmen eher mit denen der Republikanischen Partei überein.“

Nicht nur Rubin, sondern auch die konservative Medienplattform DailyWire.com verweist immer wieder darauf, daß Hillary Clintons Vorsprung auf Trump 2016 in den Umfragen größer war als der von Biden bei dieser Wahl. 

 „Die Medien hassen die Republikaner, und sie hassen Donald Trump. Sie leben in ihren Echokammern, wo jeder gleich denkt, und haben keine Ahnung, wie der Rest des Landes die Dinge sieht. Nicht, daß sie besonders daran interessiert wären“, analysiert der konservative Journalist Ben Shapiro die Situation. „Die demokratische Plattform sagt den Menschen, daß Amerika schlecht ist. Sie sagen, daß wir ein rassistisches Land sind. Sie sagen uns, daß wir niederknien sollen, wenn unsere Nationalhymne gesungen wird. Die meisten gewöhnlichen Amerikaner sind Patrioten und denken nicht, daß wir eine Nation von Rassisten sind. Sie sind stolz auf unser Land.“ 

Der Enthusiasmus von Trump-Unterstützern ist allgegenwärtig. Trotz Pandemie hält der Präsident täglich mehrere Wahlkampfveranstaltungen, oftmals mit vielen Tausenden Besuchern. Die Massen halten Plakate mit „Schwarze für Trump“, „Latinos für Trump“, „Frauen für Trump“. Auch auf den Straßen vieler Städte treffen sich immer wieder Menschen zu Pro-Trump-Kundgebungen. „Die Begeisterung der Menschen ist überwältigend“, erzählt Rubin. „Entgegen der Stereotypisierung“ der Medien, daß nur weiße Rassisten Trump unterstützen, seien alle Art von Menschen hier. 

Für Jubel in den Reihen der Republikaner sorgte dann zudem am Montag abend der Einzug der konservativen Juristin Amy Coney Barrett ins oberste Gericht der USA.