© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 45/20 / 30. Oktober 2020

Meldungen

Abteibungsgegner  machen mobil

WARSCHAU. Nach dem Urteil des polnischen Verfassungsgerichts zur Abtreibung sind landesweit Proteste ausgebrochen. In vielen Städten zogen Tausende linksgerichtete Protestierer durch die Straßen, blockierten den Verkehr, riefen zu Streiks auf, beschmierten Kirchen und störten die katholische Religionsausübung. In Kattowitz versammelten sich etwa 7.000 Personen, hauptsächlich junge Frauen, vor der Kathedrale und skandierten Pro-Abtreibungs-Slogans. Zu Rangeleien mit der Polizei kam es vor dem Sitz des Erzbischofs in Posen. In beiden Fällen setzten die Sicherheitskräfte Tränengas gegen die Demonstranten ein. In Posen und Warschau und anderen Städten drangen feministisch orientierte Gruppen am Sonntag in die Kirchen ein, unterbrachen mit Sprechchören die Messen, agitierten die Gemeinde und zeigten Pappschilder mit Aufschriften wie „Abtreibung ohne Grenzen“ oder „Abtreibung ist keine Sünde“. In Warschau soll es vor zwei Kirchen zu Handgreiflichkeiten mit organisierten Nationalisten gekommen sein, die die Kirchenportale vor den Störerinnen schützten. Das berichtete die linke Gazeta Wyborcza. Am Dienstag mußte eine Sitzung des Parlaments in Warschau wegen Tumulten unterbrochen werden. Abgeordnete der linken Opposition umstellten die Abgeordneten der Regierungskoalition, die Parlamentswache mußte einschreiten. Am Donnerstag vergangener Woche hatte das höchste Gericht geurteilt, daß die bisherige Bestimmung einer eugenischen Indikation, die die vorgeburtliche Tötung des Kindes erlaubte, verfassungswidrig ist. (ru)





Chilenen wollen eine neue Verfassung 

Santiago De Chile. In Chile hat das Referendum vom vergangenen Wochenende einen klaren Sieg für die Befürworter einer neuen Verfassung ergeben. Mit über 78 Prozent stimmten die Chilenen für die Ausarbeitung einer neuen Verfassung. Nach monatelangen, mitunter gewalttätigen Protesten gab die Regierung von Präsident Sebastián Piñera der Volksabstimmung nach. Besonders die politische Linke hat über Monate im Land für die Aufnahme sozialer Prinzipien in den Verfassungsentwurf geworben. Kritiker werfen daher dem Vorstoß vor, den Sozialstaat im Land über die Grenzen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit auszuweiten. Befürworter einer neuen Verfassung verweisen hingegen auf die mangelnde Chancengleichheit in der alten Verfassung, die als eine der wirtschaftsliberalsten des Kontinents gilt. Im Zuge der Corona-Krise wurde die Abstimmung mehrmals verschoben, was zu einer zusätzlichen Verschärfung der Lage führte. So wurden in Santiago de Chile mehrere Kirchen in Brand gesteckt. Die katholische Kirche im Land gilt der radikalen Linken als Vertreter der politischen Rechten. (jös)