© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 45/20 / 30. Oktober 2020

Bei der Entmenschlichung angekommen
Kurz vor der US-Wahl erreichen die deutsche und amerikanische Negativ- Berichterstattung neue Tiefpunkte
Ronald Berthold

Es geht immer noch heftiger. Nachdem deutsche und amerikanische Medien seit vier Jahren den Mann im Weißen Haus diffamieren, steigern sie sich kurz vor der US-Präsidentschaftswahl ins Extreme. Beschimpfungen gegen Donald Trump bestimmen den Ton einer medialen Blase, die massiv Einfluß nimmt auf den Urnengang.

Drei aktuelle Texte aus der Welt stehen stellvertretend für den Tonfall deutscher Zeitungen. Zunächst hieß es in einem Interview, eine Wiederwahl komme Katastrophen wie „9/11 oder Pearl Harbor“ gleich. Nach dem zweiten TV-Duell mit Joe Biden bezeichnete die Zeitung Trump als „Bulldozer“, „Berserker“, „chaotisch“, „peinlich“ und „zynisch“. Und zwei Tage später wird der 74jährige schon in der Überschrift als „Krankheit“ bezeichnet.

Das Blatt und die New York Times (NYT) nehmen sich nicht viel. Eine Bestätigung Trumps stelle „die größte Bedrohung der amerikanischen Demokratie seit dem Zweiten Weltkrieg“ dar, behauptet sie. Dieser sei „der schlechteste amerikanische Präsident der modernen Geschichte“. Statt Differenzierung – einst journalistische Pflicht – packt die NYT ihren Haß in immer neue Worte: Trump sei „ein Mann ohne Integrität“, „seines Amtes unwürdig“, „ein rassistischer Demagoge“. Der Text bringt keinerlei Analyse. Doch das genügt, damit ihn deutsche Medien wohlwollend zitieren. Nicht nur der Spiegel widmete dem Pamphlet einen ausführlichen Bericht.

Angeblich drohender Bürgerkrieg als Dauerthema

Obwohl die Hetze ein Klima geschaffen hat, in dem man gegen den Präsidenten sein muß, wenn man als Autor nicht ausgegrenzt werden will, fragt die ARD besorgt: „Was aber bedeutet es, in einem solchen Land Schriftsteller zu sein?“ Denn Trump wolle, so der Vorwurf von Moderator Max Moor, „wiedergewählt werden, koste es, was es wolle“. 

So durften Kulturschaffende den Präsidenten in „Titel, Thesen, Temperamente“ gnadenlos verunglimpfen: „Das Ausmaß des Faschismus – da hat man sich vielleicht doch lange etwas vorgemacht!“, wütet die Kinderbuchautorin Cornelia Funke. Die gebürtige Iranerin Dina Nayeri behauptet: „Er benutzt Flüchtlinge und Migranten als Sündenböcke für so ziemlich alles.“ Und Paul Auster, der sagt, er nenne Trump nicht beim Namen, sondern nur „Monster“, fordert: „Wir brauchen einen erdrutschartigen Sieg.“

Die Feindseligkeiten gipfelten darin, daß Trump ein CBS-Interview abbrach. Der Politiker warf der Journalistin vor, „parteiisch“ zu sein. Die „Tagesschau“ berichtete darüber, indem sie angebliche Lügen Trumps aneinanderreihte und hinterherschob: „Regelmäßig wirft er außerdem US-Medien vor, sie würden Biden nicht so hart angehen wie ihn.“ Die Absicht: Auch das soll unwahr sein. Dabei weiß jeder Zuschauer des US-TV, diese Darstellung ist noch untertrieben. Zahlreiche Medien wie das Magazin The Atlantic haben Wahlempfehlungen für Biden abgegeben. Das Magazin Time änderte gar seinen Namen in „Vote“ (Wählt!) und bildete darunter eine Frau mit rotgefärbtem Haar und maskiertem Gesicht ab: offenbar ein Aufruf an die Antifa.

Skandalisiert werden Selbstverständlichkeiten. Daß das Trump-Unternehmen 2016 den asiatischen Markt erkundete, feiert die NYT als „Enthüllung“. Es kommt auf den Dreh an, und der lautet in der Schlagzeile des Spiegel: „US-Präsident besitzt chinesisches Bankkonto“. Daß es sich in Wahrheit um das Firmenkonto eines global agierenden Konzerns handelt, spielt keine Rolle.

Der journalistische Kampf gegen den Präsidenten hat das Maß der Entmenschlichung erreicht. Im Tagesspiegel kommt der amerikanische Playboy-Reporter Brian J. Karem zu Wort, der über das Staatsoberhaupt sagt: „Ich habe schon verurteilte Killer mit mehr Empathie interviewt.“ In die Überschrift hievt die Zeitung dann das auf Trump gemünzte Zitat: „Er setzt sich für den Bürgerkrieg ein.“

Der bevorstehende Bürgerkrieg; ein Lieblingsthema deutscher Journalisten: Der Spiegel berichtet aus dem Landkreis Northampton in Pennsylvania und weiß: Die Republikaner dort „bewaffnen sich“. Schlagzeile: „Wenn Trump verliert, wird es einen Bürgerkrieg geben“. Der Kölner Stadtanzeiger setzt Trump mit dem weißrussischen Diktator Lukaschenko gleich, der Tausende Gegner inhaftieren lasse. Das Blatt schreibt, der US-Präsident drohe „einen regelrechten Bürgerkrieg anzuzetteln“.

In dem herbeigeschriebenen „Bürgerkrieg“ befinden sich in Wahrheit viele Journalisten. Sollte Trump wie ersehnt verlieren, findet dieser Tage das letzte Gefecht statt.