© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 46/20 / 06. November 2020

Der erneute Lockdown bedroht die Finanzmarktstabilität
Eklatante Fehllenkungen
Bruno Hollnagel

Der neuerliche Lockdown beeinträchtigt auch die Stabilität des Finanzsystems. Auf dem gesamten Bankensektor sanken bereits 2019 die Nettogewinne von 18,9 auf 8,2 Milliarden Euro. Dieser Trend setzt sich im Corona-Jahr 2020 fort: Insbesondere kleinere Kreditinstitute sind durch Kreditausfälle gefährdet, denn sie finanzieren überproportional den Einzelhandel, das Gastgewerbe, Kleinunternehmer und den Mittelstand – Unternehmen, die besonders stark von Corona-Maßnahmen betroffen sind. Aber warum vergeben die Banken dennoch neue Kredite?

Zum einen, weil sie so keine Abschreibungen vornehmen müssen. Zum anderen, weil sie so weniger Zentralbankguthaben besitzen und weniger Negativzinsen zahlen müssen. Auch bei Gewerbeimmobilien (Einzelhandel, Hotels, Büros) wächst die Unsicherheit. Das Kreditvolumen in der EU betrug in diesem Bereich 1,6 Billionen Euro, wovon 27 Prozent auf deutsche Banken entfielen. Die Insolvenzantragspflicht wurde bis Jahresende ausgesetzt. Die Kreditbranche schiebt also Risiken der „Zombieunternehmen“ vor sich her. Laut Wirtschaftsauskunftei Creditreform ist eine Bankenkrise unvermeidbar, weil sechs bis 28 Prozent (pessimistisches Szenario) der etwa 1.500 deutschen Banken durch schwache Kapitalpuffer gefährdet seien.

Das Analysehaus Oxford Economics meint, im schlimmsten Fall könnten die europäischen Banken eine Billion Euro an ausstehenden Krediten verlieren; das entspräche der Hälfte ihres Kapitals. Zwei Drittel der Banken könnten mit weniger Kapital dastehen als vorgeschrieben. Die eigentliche Ursache der Fehlentwicklungen wird aber unterschlagen: Die EZB-Zinsdiktatur ist dafür verantwortlich, daß die Zinshöhe die wirtschaftlichen Risiken nicht widerspiegelt und so eklatante Kapitalfehllenkungen hervorruft.






Dr. Bruno Hollnagel, Ökonom und Wirtschaftsingenieur, ist AfD-Bundestagsabgeordneter und Mitglied im Finanzausschuß.