© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 46/20 / 06. November 2020

Zeitschriftenkritik: Schweizer Monat
Am Gelde hängt doch alles
Werner Olles

Als Schweizerische Monatshefte 1921 gegründet und 1931 in Schweizer Monatshefte umbenannt, heißt die zehnmal jährlich erscheinende „Autorenzeitschrift für Politik, Wirtschaft und Kultur“ seit 2011 Schweizer Monat. In ihrem 100. Jahrgang präsentiert sie in ihrer aktuellen Ausgabe (November 2020) als Schwerpunktthema „Die neue Sprache des Geldes. Warum die Bitcoin-Revolution gerade erst losgeht“. Getreu ihrer liberalen Ausrichtung bricht sie eine Lanze für die digitale Kryptowährung, die 1984 das Licht der Welt erblickte und heute als „Eintrittskarte in die Weltwirtschaft“ (Robert Shiller) gilt. Für den Softwarearchitekten Andreas M. Antonopoulos ist die Existenz von überstaatlichem, neutralem und unzensierbarem Geld „eine Herausforderung“, während Kritiker den „auf warmer Luft beruhenden volatilen Wert“ (Donald Trump) bemängeln und Edward Snowden „die Privatsphäre vermißt“. Auf die Fallen neuer Technologien in der Krypto-Gesellschaft weist der Systemarchitekt Daniel Jeffries hin. Auch Bitcoins könnten von Staaten oder feindlichen Akteuren gekapert werden. Dies passiere gerade in China, wo die Kommunistische Partei plane, Bargeld abzuschaffen und eine eng mit sozialen Kreditbewertungen verknüpfte Digitalwährung zu etablieren, mit der kontrolliert werden könne, wie gut die Bürger die Richtlinien der Partei befolgen, um Dissidenten den Geldhahn abdrehen zu können.

Mit der „vollschlanken Verwaltung des nimmersatten Staatsapparates“ befaßt sich ein weiterer Beitrag. Zählte die Schweiz 1995 rund 58.000 Staatsangestellte, so stieg die Zahl bis 2018 auf über 88.000. Der Durchschnittsjahreslohn beim Bund beträgt 125.000 Franken, mit dem Monatslohn von 10.000 Franken können selbst Angestellte im Finanzsektor nicht mithalten. Der Staat müsse wieder sparen lernen und anstatt angesichts Corona die Schuldenbremse aufzuweichen sie auf die Sozialversicherungen ausweiten.

Während der Schriftsteller und Medienbeauftragte des Bistums Chur Giuseppe Gracia das Utopiaprinzip in der Politik kritisiert, obwohl wirklichkeitsferne, ideologische Ansätze und ein anklägerischer Moralismus die Gesellschaft spalte und für ein vergiftetes Klima sorge, baut der Ökonom Sergio Morisoli auf die christliche Soziallehre. Dem stimmt die Familienunternehmerin Béatrice Lüthi zu, der die Akademisierung des Bildungssystems Sorge bereitet. Heute gehe fast jeder aufs Gymnasium, doch überlege sich keiner, wer ihm seine Heizung repariere oder einen Lift einbaue.

Die Fotoreportage „Amisch – heute leben wie im 18. Jahrhundert“ beschreibt das Leben dieser täuferisch-protestantischen Abspaltung der Mennoniten, die in den USA, Kanada und Südamerika rund 350.000 Anhänger zählen. Seit 300 Jahren pflegen sie die gleichen Traditionen, Riten und Überzeugungen, ohne Autos, Computer, Radio, Fernsehen und Mobiltelefone. Die Gemeinden sprechen einen ursprünglich pfälzischen Dialekt und betreiben biologische Landwirtschaft. 

Kontakt: SMH Verlag AG, Rotbuchstraße 46, CH-8037 Zürich. Das Einzelheft kostet 19 Euro, ein Jahresabo 165 Euro

 www.schweizermonat.ch