© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 47/20 / 13. November 2020

Gesetzesänderung zu Hartz IV nach Urteil des EuGH
Die grüne Karte gezogen
Paul Rosen

Rechts blinken und nach links abbiegen – das geht im Straßenverkehr nicht lange gut. In der Politik übrigens auch nicht. CDU und CSU versuchen das gerade: Sie wollen einerseits ihr bürgerliches Stammpublikum bei Laune halten. Andererseits wollen sie für die schwarz-grüne Option früher selbstverständliche Positionen räumen wie etwa die, daß Deutschland nicht das Sozialamt der Welt sein kann. Für die grüne Funktionärsschar ist hingegen klar, daß ein EU-Ausländer hier mit staatlichen Wohltaten zu bedienen ist, falls er gerade keine Arbeit findet. 

Wenn kein Aufenthaltsrecht da ist, dann müsse ein Aufenthaltsrecht der die Schule besuchenden Kinder für den Bezug von Sozialleistungen ausreichen, forderten schon vor vier Jahren Vertreter der Sozialindustrie in einer Bundestagsanhörung. Die Union hielt damals dagegen und schloß wenigstens dieses Tor zur Einwanderung in die Sozialsysteme. 

Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vier Jahre später und in der Abenddämmerung der ungeliebten Großen Koalition haben CDU und CSU keine Hemmungen mehr, die grüne Karte zu ziehen und das Tor wieder zu öffnen. Im anlaufenden Bundestagswahlkampf soll das CDU-Stammpublikum aber nichts davon merken. Daher wird ein Kniff angewandt und die Gesetzesänderung in einem anderen Gesetz verborgen. Gesetzgeberische Klarheit und Wahrheit bleiben dabei auf der Strecke. Die Glaubwürdigkeit der Unionsparteien ebenfalls.