© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 47/20 / 13. November 2020

Corona-Demo in Leipzig und die Berichterstattung
Entpört euch, Heuchler!
Christian Vollradt

Man reibt sich verwundert die Augen: Da hallen die Rufe nach „Law and Order“ durch den Blätterwald, als seien Gorleben, Hafenstraße und Startbahn West aus einer dreißigjährigen Zeitschleife zurück. Doch diesmal empören sich nicht schwarze „Hardliner“, sondern grüne, rote und dunkelrote. Warum? Weil ihrer Meinung nach die Polizei bei der „Querdenken“-Demonstration nicht hart genug eingeschritten sei. Ja, es gab vereinzelt unschöne Szenen, nachdem die Demonstration aufgelöst worden war. Gewalt und Pyrotechnik sind nicht von der Versammlungsfreiheit gedeckt. Wer sie einsetzt, muß zur Rechenschaft gezogen werden. Punkt. Das gilt für Hooligans in der Innenstadt – und übrigens genauso für Linksextreme im Stadtteil Connewitz.

Aber daß die Beamten darauf verzichtet haben, wegen nicht eingehaltener Abstandsregeln mit Schlagstock und Wasserwerfer gegen die ansonsten überwiegend friedlichen Teilnehmer vorzugehen, war richtig – und alternativlos. Denn alles andere hätte dem Gebot der Verhältnismäßigkeit widersprochen. Bezeichnenderweise kommt die Kritik daran nun ausgerechnet von jenen, die sonst bei jeder Sitzblockade gegen Atomkraft oder „gegen Rechts“ ganz schnell sind mit dem Vorwurf polizeilicher Härte; die Ungehorsam zur zivilgesellschaftlichen Bürgerpflicht erklären; die jedem, der Uniform trägt, nur mit äußerstem Mißtrauen – Stichwort: Rassismus-Studie – begegnen. Entpört euch, ihr Heuchler!