© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 47/20 / 13. November 2020

Meldungen

EU will auf verschlüsselte Chats zugreifen  

Brüssel. Die deutsche Ratspräsidentschaft im EU-Ministerrat hat in einer Resolution mehr Überwachung im digitalen Raum gefordert. Geheimdienste und Ermittlungsbehörden sollen demnach von Messenger-Diensten wie WhatsApp oder Signal Generalschlüssel bereitgestellt bekommen, mit denen die Chatverläufe einsichtig werden. Das geht aus einem an die Delegationen der EU-Mitgliedsstaaten gerichteten Dokument vom 6. November hervor, das der ORF am Sonntag veröffentlichte. WhatsApp und ähnliche Anbieter stellen ihren Nutzern die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung (E2E) zur Verfügung, bei der Nachrichten ausschließlich vom Sender und Empfänger gelesen werden können. In dem fünfseitigen Beschluß heißt es, die Strafverfolgungsbehörden seien auf den Zugang zu elektronischen Beweismitteln angewiesen, „um Terrorismus, organisierte Kriminalität, sexuellen Kindesmißbrauch sowie eine Vielzahl von Cyber-Kriminalität wirksam bekämpfen zu können“. Das Dokument wurde nach einer ersten Version im September verschärft, nachdem ein islamistischer Terrorist in Wien vier Menschen tötete und weitere 23 teils schwer verletzte. Der slowakische Geheimdienst hatte die österreichischen Sicherheitsbehörden wegen eines versuchten Munitionskaufs im vorhinein vor dem Täter gewarnt. Die EU-Innen- und Justizminister treffen sich Anfang Dezember in einer Videotagung, bei der auch die Resolution verabschiedet werden könnte. (hr)





Belarus: Sanktionen gegen Lukaschenko

MINSK. Bei anhaltenden friedlichen Massenprotesten in Weißrußland sind am vergangenen Sonntag mehr als tausend Menschen verhaftet worden. Die belarussische Menschenrechtsorganisation Viasna zählte 1.053 Personen, die am Wochenende in Minsk und anderen Städten festgenommen wurden. Darunter sollen neun Journalisten sein, die von Sicherheitskräften an der Ausübung ihres Berufs gehindert und in Gefängnisse gesteckt wurden. Viele wurden zu 15 Tagen Haft verurteilt. Videomaterial zeigt Sondereinsatzgruppen des Regimes bei wieder verschärfter Gewalt gegen Demonstranten und Passanten. Vor Ort kommentierte Aufnahmen geben an, daß Dutzende Verhaftete auf dem Gelände einer Minsker Polizeistation gezwungen wurden, neun Stunden lang mit erhobenen Händen im Freien an einer Mauer zu stehen. Die Sanktionen der EU gegen Diktator Alexander Lukaschenko und dessen Umfeld traten am Freitag in Kraft. Am 5. November lief dessen Amtszeit ab, die belarussische Opposition betrachtet ihn als Usurpator. Zuletzt hatte das Regime verboten, das alte weißrussische Kirchenlied „Mächtiger Gott“ in Gottesdiensten zu singen. (ru)