© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 48/20 / 20. November 2020

Debatte um Doktortitel von Franziska Giffey
Ihr Rücktritt ist fällig
Josef Kraus

Das Theater um Franziska Giffeys (SPD) Dissertation wird zur Seifenoper. Die Ministerin will den Skandal um ihren Doktortitel mit einem Verzicht auf diesen abschließen. Das mag trickreich sein, aber hier müssen die gleichen Maßstäbe gelten wie bei den wegen Plagiats 2011 bzw. 2013 zurückgetretenen Unions-Bundesministern zu Guttenberg und Schavan. Man vergesse auch nicht: Giffeys mit „magna cum laude“ überbewertete Arbeit ist dünn. Unter dem Titel: „Europas Weg zum Bürger“ hatte sie eine Art Erfahrungsbericht über ihre Tätigkeit als Europabeauftragte von Neukölln abgeliefert. Schließlich wurden von einem Gremium der Freien Universität Berlin 27 Textstellen gefunden, an denen Giffey ohne Quellenangabe fremde Texte übernahm. 

Die FU beließ es indes bei einer in der Promotionsordnung nicht vorgesehenen „Rüge“. Daß Giffey der letzte Strohhalm einer völlig desolaten Berliner SPD ist, darf keine Rolle spielen. Und auch Giffeys Verzicht auf den Titel ist belanglos. Man kann auf die Verwendung dieses Titels verzichten, aber nicht auf dessen Verleihung. Die Konsequenzen können nur sein: Giffey muß als Ministerin zurücktreten, wie sie es für den Fall einer Aberkennung ankündigte. Und: Die FU muß Giffey den Titel entziehen, wenn sie weiterhin als „Exzellenz“-Universität gelten will.






Josef Kraus war von 1987 bis 2017 Präsident des Deutschen Lehrerverbandes.