© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 48/20 / 20. November 2020

Verfassungsrichter verlangen Entschädigung für Atomausstieg
Ohrfeige aus Karlsruhe
Marc März

Deutsche Unternehmen nahmen die Energiewende stoisch hin. Vattenfall ließ sich nicht alles gefallen und klagte gegen die Entschädigungen beim beschleunigten Atomausstieg. Das Bundesverfassungsgericht gab dem schwedischen Staatskonzern nun weitgehend recht – und das könnte die Steuerzahler letztlich sechs bis acht Milliarden Euro kosten.

Angela Merkel, die im Wahlkampf 2009 eine AKW-Laufzeitverlängerung um zehn bis 15 Jahre versprochen hatte, vollzog 2011 eine Kehrtwende: Dauerhafte Abschaltung der Vattenfall-AKW Brunsbüttel und Krümmel, vollständiger Atomausstieg bis Ende 2022. Karlsruhe nickte letzteres 2016 ab, bewertete das konkrete Vorgehen der schwarz-gelben Bundesregierung aber in weiten Teilen als rechtswidrig. Bei der geforderten Korrektur der Ausstiegsgesetze versagte dann 2018 das schwarz-rote Kabinett. Nicht nur das gewählte Verfahren zur Entschädigung wurde verworfen, auch das zentrale Gesetz dazu ist nie rechtskräftig beschlossen worden. Und es droht weiteres Ungemach: Vor dem Schiedsgericht der Weltbank (ICSID) in Washington ist noch eine weitere Vattenfall-Klage wegen der Zwangsstillegung von Krümmel und Brunsbüttel anhängig.

Und das ist noch nicht alles. Der deutsche Steuerzahler muß wohl weitere Milliarden für die Merkelsche Energiewende aufbringen: etwa für die potentiell rechtswidrigen Subventionen der EEG-Umlage für „Ökostrom“ oder für die Abschaltung jener Kohlekraftwerke, die 2011 als AKW-Ersatz vorgesehen waren. Der Strompreis für Privatverbraucher ist seit 2009 um bald ein Drittel auf den weltweiten Rekordwert von 30,5 Cent pro Kilowattstunde gestiegen – im rot-grünen Atomstaat Schweden sind es umgerechnet 18,3 Cent, in den USA elf Cent. In Deutschland wird es keine energiepolitische Vernunftwende geben. Eher lassen sich alle potentiellen Regierungsparteien zu weiteren Milliarden Euro an Schadensersatz verurteilen – sie zahlen es ja nicht selber.