© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 49/20 / 27. November 2020

Söldner sollen aus der Misere helfen
Mosambik: Der Vormarsch des IS im Norden des Landes bringt vergessene Akteure wieder ans Licht
Jörg Sobolewski

Die Zahl der durch den islamistischen Aufstand im Norden Mosambiks geflohenen und vertriebenen Menschen ist auf eine halbe Million angewachsen. Die Regierung des ostafrikanischen Landes fürchtet mittlerweile ein Übergreifen auf weitere Regionen des Landes, außerhalb der Unruheprovinz Cabo Delgado, wo zuletzt fünf Einwohner enthauptet wurden. 

Zur Bekämpfung der Aufständischen greift die Regierung in Maputo auf ausländische Sicherheitsunternehmen zurück, allerdings mit durchwachsenem Erfolg. Nachdem im Oktober 2019 islamistische Rebellen einen Konvoi der russischen Wagner-Gruppe überfallen und sieben Söldner erschossen hatten, zog der russische Konzern im November 2019 seine Einheiten aus der Region ab. 

Nun sollen Sicherheitskräfte aus Südafrika und dem ehemaligen Rhodesien die Situation unter Kontrolle kriegen, bevor der Aufstand zu einem überregionalen Problem wird. 

Denn die Männer mit den schwarzen Fahnen haben seit drei Jahren ein leichtes Spiel in Cabo Delgado. Die Provinz ist derzeit Schauplatz von mindestens drei Krisen gleichzeitig. Neben den islamistischen Unruhen sind auch die Folgen des Zyklons „Kenneth“ nicht bewältigt. Er zerstörte im April 2019 Häuser, Straßen und Schulen, aber auch ganze Ernten – von Avocado-Plantagen bis zu Maisfeldern und damit die Lebensgrundlage vieler einheimischer Landwirte. 

Söldnerchef Dyck: „Der IS ist extrem gut ausgerüstet“

Seit März dieses Jahres hat Corona die Region ebenfalls im Griff. Unter den vielen ohnehin vor Ort verbreiteten Krankheiten ist die Corona-Epidemie noch eine der harmloseren, allerdings schränkt die weltweite Lage die Bewegungsfreiheit der Hilfsorganisationen weiter ein. Dadurch sinkt das Niveau der Gesundheitsversorgung in der Fläche und verschärft die Sicherheitslage. 

Dabei ist die Region ganz im Norden des Landes eine der schönsten des Kontinents. Früher ein beliebtes Urlaubsziel unter Touristen, finden sich heute auch vermehrt Angestellte der großen Mineralölkonzerne ein. Denn vor der Küste liegt eines der größten Gasfelder Afrikas. Von der Hafenstadt Mocímboa da Praia aus soll dessen Erschließung erfolgen, Investitionen über 50 Millionen Euro stellen Firmen wie Total oder Exxon Mobile vor Ort in Aussicht, was den Konflikt vor Ort weiter anheizt. 

Denn der muslimisch geprägte Norden fühlt sich erneut von der Regierung im christlich geprägten Süden über den Tisch gezogen. Tatsächlich hat die in der Vergangenheit andere Teile des Landes mit Investitionen in die Infrastruktur bevorzugt, während im Norden traditionell die Schattenwirtschaft blüht. 

Vor drei Jahren begannen radikalisierte Jugendliche mit einer Kampagne gegen den, vergleichsweise toleranten, mosambikanischen Islam. Der Anfang des Aufstandes, der schließlich auch den geplanten Gashafen Mocímboa da Praia erreichte. 

Bereits zweimal gelang den Islamisten die Eroberung der Stadt. Zweimal verteilten sie Lebensmittel und verschwanden wieder. Eine Guerillataktik, mit der die russischen Söldner nicht zurechtkamen. Eine „Spur des Versagens“, titelte der Branchenblog Geopolitical Monitor und unterstellt den Russen, den „afrikanischen Krieg nicht verstanden zu haben“. Das zumindest kann dem aktuellen Hoffnungsträger der mosambikanischen Regierung nicht vorgeworfen werden. 

Colonel Lyonel Dyck kennt den Buschkrieg aus eigener Erfahrung. Der Rhodesier kämpfte erst für Rhodesien, später für Simbabwe, dann für Südafrika und schließlich für jeden zahlenden Kunden. Seine Firma, die Dyck Advisory Group, ist ein erfolgreicher Sicherheitsdienstleister. Der Siebzigjährige vertraut auf seine Erfahrung und hofft, so auch mit den Gotteskriegern aus dem Norden fertig zu werden. Dennoch warnt Dyck vor allzu hohen Erwartungen: „Der Feind ist extrem gut ausgerüstet, hochmobil und motiviert. Wenn wir dem nicht schnell Einhalt gebieten, dann wird sich das auch in den Süden ausbreiten.“ Eine Furcht, die er mit den momentanen Regierungen in Harare und Pretoria teilt. Mag der Einsatz weißer Söldner in Afrika auch Unbehagen auslösen, weiß man doch um ihre Fähigkeiten.