© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 50/20 / 04. Dezember 2020

Janet Yellen avanciert zur mächtigsten Frau der Weltwirtschaft
Die Währungskriegerin
Thomas Kirchner

Am 14. November 1972 überschritt der Dow Jones die 1.000er-Marke, die 10.000 knackte der Aktienindex der 30 größten US-Firmen am 29. März 1999. Am 24. November wurden die 30.000 überschritten. Den Kursanstieg befeuerten nicht nur die Aussichten auf den Corona-Impfstoff, sondern der Sprung fällt mit der Ankündigung Joe Bidens zusammen, Janet Yellen zur US-Finanzministerin zu machen. Die frühere Fed-Chefin ist erklärte Keynsianerin, so daß die finanzpolitischen Linien der nächsten vier Jahre klar sind.

Ihr 2018 ernannter Nachfolger Jerome Powell hat die Staatsfinanzierung durch die Zentralbank bereits salonfähig gemacht. Von den 27 Billionen Dollar US-Staatsschulden hält die Fed bereits 4,6 Billionen. Bis Anfang dieses Jahres lag der Höchststand nie über 2,5 Billionen. Powell hat auch klargemacht, daß die Zinsen niedrig bleiben werden, und daß die Geldentwertung auch über das Zwei-Prozent-Inflationsziel hinausschießen kann – zumindest „zeitweise“. Was nicht näher definiert wird, aber in Finanzfragen meist „bis in die Ewigkeit“ bedeutet.

Yellen wird zudem Konjunkturprogramme auflegen. Nach der Corona-Krise bieten sich Infrastruktur oder Klima als Ausrede an. Als Berkeley-Professorin dürfte ihr auch das Erlassen von Studienkrediten am Herzen liegen. Die Staatsschuldenquote von 104 Prozent der Wirtschaftsleistung wird wohl noch weiter steigen. Die Fed wird weitere Staatsschulden durch Anleihenkäufe monetisieren. Die Zinsen bleiben niedrig, irgendwann steigt die Inflation, und das US-Schuldenproblem – noch stärker das der Bundesstaaten mit ihren Pensionsversprechungen – wird früher oder später durch Inflation „gelöst“.

Der Dollar ist von seinem Höchstkurs im März von 1,07 zum Euro auf etwa 1,20 gefallen, was manche als Ergebnis von Donald Trumps Politik sahen. Aber nach der Wahl fällt der Dollar weiter, während die Börse steigt. Unter Barack Obama fiel der Dollar 2009 sogar auf 1,51. Heute wie damals reflektiert der Wechselkurs die Weichwährungspolitik der US-Regierung. Derartige Trends dauern einige Jahre. Es wird also noch dauern, bis die Monetisiering der Euro-Schulden durch die EZB sich im Wechselkurs niederschlägt.

Mit Yellen und Powell sowie Christine Lagarde und Haruhiko Kuroda (Bank of Japan) stehen bewährte Praktiker von Anleihenkäufen an der finanzpolitischen Spitze der drei großen Währungsblöcke. Deshalb wird es keinen großen Währungscrash geben. Die Währungen werden mehr oder weniger gleichzeitig aufgeweicht und verlieren relativ zueinander gleichermaßen. Am wenigsten verlieren in einem solchen Währungskrieg die Besitzer von Real- und Produktivwerten. Deshalb steigt der Dow Jones, und der S&P-Index hat die 3.600 erreicht – sprich: Die 500 größten US-Unternehmen haben eine Marktkapitalisierung von über 32 Billionen Dollar.