© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 50/20 / 04. Dezember 2020

Zeitschriftenkritik: Deutsche Sprachwelt
Der Gender-Virus breitet sich aus
Werner Olles

In der aktuellen Ausgabe (Nr. 81, Herbst 2020) der vierteljährlich erscheinenden Deutschen Sprachwelt (Untertitel: Die Plattform für alle, die Sprache lieben) thematisiert Schriftleiter Thomas Paulwitz die neuesten Angriffe des Gender-Unsinns. Im Windschatten der Corona-Krise wird versucht, neue Sprachveränderungen durchzusetzen, die wohl viele Leser bisher nicht für möglich gehalten hatten. Doch der Gender-Alptraum, der „als künstlich geschaffenes Sein das Bewußtsein der Bürger bestimmen und formen soll“ (Paulwitz), ist längst in Funk und Fernsehen angekommen. So bedienen Moderatoren der Zwangsgebührensender sich eifrig und beflissen der Sprachwandlung. Hatte man sich schon an die langatmigen Doppelnennungen („Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen“) gewöhnt, so geht man jetzt einen Schritt weiter. Inzwischen muß man sich „Gendersprechpausen“ anhören („Zuhörer – innen“). Dabei ist die vermeintlich geschlechtergerechte Sprache nichts weiter als eine von Politik und „Qualitätsmedien“ verordnete Manipulation, mit der vor allem jungen Zuhörern und Zuschauern ein gutes und verständliches Sprach- und Schreibverhalten ausgetrieben werden soll. So schreibt die „Katholische Studierende Jugend“ (KSJ) „Gott*“ jetzt mit Genderstern und möchte mit diesem Kotau vor dem linksliberalen Zeitgeist „das katholische Gottes*bild entstauben und eine Diskussion anstoßen“.

Das Gender-Virus hat jedoch auch die gebeutelte Bundeswehr erfaßt, wenngleich Ausbrüche dieser Krankheit vorerst verhindert werden konnten. Obwohl die Soldatinnen mehrheitlich diesen Unfug ablehnten, wollte das Ministerium unbedingt weibliche Dienstgrade einführen: „Feldwebelin“, „Bootsfrau“, „Hauptfrau“, „Oberstin“ etc. Besonders weibliche Soldaten protestierten gegen diese Zumutungen, und es kam zu einem taktischen Rückzug der Verteidigungsministerin.

Verfassungswidrig formulierte Gesetzentwürfe kamen indes aus dem Bundesjustizministerium. Ministerin Lambrecht (SPD) schloß in einem Entwurf für ein neues Sanierungs- und Insolvenzgesetz kategorisch Männer aus. Im Text hieß es lediglich „Geschäftsführerin“, „Verbraucherin“ und „Schuldnerin“. Da das Gesetz damit formal nur für Frauen gegolten hätte, wies das Bundesinnenministerium den Referentenentwurf zurück und forderte, ihn sprachlich zu überarbeiten. Immerhin ein kleiner Hoffnungsschimmer.

Zum Sprachwahrer des Jahres wählten die Leser der Deutschen Sprachwelt den nigerianischen Wirt Andrew Onuegbo, der in Kiel das beliebte Gasthaus „Zum Mohrenkopf“ betreibt. In seinem Beitrag „Ich bin stolz, ein Mohr zu sein“ beschwört er, der Nigeria als seine Heimat und Deutschland als sein Zuhause betrachtet: „Laßt es nicht zu, daß die ‘Besserwisser’ uns unsere gewachsene Sprache und alten Traditionen und somit unsere Identität wegnehmen.“ Auch die Überschwemmung Deutschlands mit Anglizismen und die Vorgaben politisch korrekter Sprache sieht er mit Sorge.

Kontakt: Deutsche Sprachwelt, Postfach 1449, 91004 Erlangen. Das Jahresabo kostet 12 Euro.

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