© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 51/20 / 11. Dezember 2020

Huxley statt Humboldt: Schöne neue Bildungswelt
Marktkonforme Erziehungsziele
(wm)

Um die deprimierende Lage an deutschen Schulen und Universitäten zu verstehen, genügt es für die pensionierte Gymnasiallehrerin Gabriele Noack nicht, in die Klage einzustimmen, „68 ist an allem schuld“. Bereits etliche Jahre vor der Studentenrevolte, so führt Noack in ihrem Rückblick auf den „Paradigmenwechsel im Bildungswesen“ aus, sei der Boden bereitet worden für das gegenwärtige Desaster (Tumult, 4/2020). Bereits 1961 hatte die frisch gegründete Gesellschaft für wirtschaftliche Zusammenarbeit (OECD) eine Beziehung zwischen dem Bildungsgrad der Bürger und der wirtschaftlichen Potenz eines Landes hergestellt. Es ging darum, nationale Bildungstraditionen außer Kraft zu setzen, damit der entmündigte Mensch als Homo oeconomicus vor allem die Forderungen der Wirtschaft erfüllen sollte. Da Westdeutschland noch an Humboldts Erziehungsideal der selbstbestimmten Persönlichkeit festhielt, kam das OECD-Programm einem „Frontalangriff auf die humanistische Bildung“ gleich. Den Durchbruch erzielte die ökonomische Reduktion der gesamten Bildung dann ab 1995 mit den Pisa-Tests der OECD und der darauf abgestimmten, den Hochschulen oktroyierten  „Bologna-Reform“. Nach der Ökonomisierung tue nun die Digitalisierung letzte Schritte in Richtung „Brave New World“-Banalisierung der Bildung. 


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