© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 52/20 / 18. Dezember 2020

Die EZB verlängert ihr Anleihekaufprogramm bis März 2022
Teufel und Gespenster
Reiner Osbild

Nachdem die Regierungen beschlossen hatten, die Corona-Lockdowns mit Milliarden abzufedern, waren sie praktisch gezwungen, auf die Druckerpresse zuzugreifen. Der EZB-Rat tat, was ein guter Hilfssheriff eben tut: Er eilte den Finanzministern zu Hilfe und drehte den Geldhahn noch weiter auf. Das Pandemie-Ankaufprogramm PEPP wurde um 500 auf 1.850 Milliarden Euro aufgestockt, nebst begleitenden Maßnahmen.

Die horrenden Summen, mit denen sich die Staaten verschulden, um die Wirtschaft über Wasser zu halten, können nicht am Kapitalmarkt aufgenommen werden. Investmentfonds, Versicherungen und andere Marktteilnehmer müßten Mittel aus rentableren Verwendungen umschichten, um die marode öffentliche Hand zu finanzieren.

Wenn überhaupt, dann wäre das nur mit kräftigen Zinsaufschlägen zu machen. Dies hätte aber höchstwahrscheinlich den Offenbarungseid einiger Euro-Länder zur Folge gehabt. Ein Gutes hat die Nullzins-Geldorgie: Die Steuerzahler werden in puncto Schuldendienst entlastet, sowohl jetzt als auch in Zukunft. Doch des Steuerzahlers Gewinn ist des Sparers Verlust. Allein die Deutschen halten Bankeinlagen sowie Vermögenswerte in Lebens- und Rentenversicherungen in Höhe von fünf Billionen Euro. Jeder Prozentpunkt an Zinsertrag, der ihnen entgeht, bedeutet einen Verzicht auf 50 Milliarden Euro pro Jahr.

Ein Ende der Geldschwemme ist nicht in Sicht. Nach Euro- und Corona-Krise erwachsen mit dem „European Green Deal“ von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen neue Begehrlichkeiten. Das bedeutet, die EZB wird, nach Corona und selbst bei einer Erholung der Wirtschaft, nicht zu einer normalen Geld- und Zinspolitik zurückkehren können. Würden die Zinsen angehoben, würde das eine Reihe von Staaten, Firmen und Konsumenten in die Zahlungsunfähigkeit zwingen. Obwohl das viele Geld aus dem Nichts geschaffen wird, erfordert die Sanierung der privaten wie öffentlichen Bilanzen harte Arbeit und Wertschöpfung. Da der öffentliche Sektor absehbar überfordert ist, wird man massiv die Steuern erhöhen. Doch die schädliche Wirkung für Wachstum und Beschäftigung legt den Grundstein für gleich den nächsten Teufelskreis.

Bleibt nur noch Inflation als Ausweg? Wenn die Kaufkraft des Geldes sinkt, verlieren die Schulden real an Wert. Der Schuldner freut sich, dagegen sehen Sparer und Gläubiger die Kaufkraft ihrer Werte dahinschmelzen. Das Inflationsgespenst schlummert bereits in unserem Geldwesen. In Luft auflösen wird es sich nicht, denn wie sagte schon Mephisto in Goethes „Faust“: „Es ist ein Gesetz der Teufel und Gespenster: Wo sie hereingeschlüpft, da müssen sie hinaus. Das erste steht uns frei, beim zweiten sind wir Knechte.“






Prof. Dr. Reiner Osbild ist Ökonom und Ordinarius an der Hochschule Emden/Leer.