© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 52/20 / 18. Dezember 2020

Absage an die Apokalypse
Eine besonnene Aufklärung von Fritz Vahrenholt und Sebastian Lüning über den Klimawandel in Zeiten von „Extinction Rebellion“
Christian Dorn

Selig die Zeiten der Neuen Deutschen Welle, als das schlechte Wetter – dem Reim zuliebe – bei UKW folgenlos zum Klima mutierte. Heute hat diese Verwechslung Konjunktur: unter der Ägide eines totalitären Narrativs zur vermeintlich dringlichen Weltenrettung. Als hilfreiches Buch erscheint hier das Werk des Autorenduos Fritz Vahrenholt und Sebastian Lüning, das angesichts des forcierten Untergangsszenarios von IPCC und PIK vom Klimakollaps wirklich unerwünschte Wahrheiten präsentiert. Und welches sich langsam auf der Spiegel-Bestseller-Liste für Sachbücher nach vorn arbeitet, wie bereits der vorangegangene Titel „Die kalte Sonne“ (JF 8/12). Zu Recht, so kann die Lektüre wirtschafts-, energie- und klimapolitische Fragen erhellen, um der revolutionären jungen Garde Gretas, der militanten Szene „Ende Gelände“ und der gespenstischen Endzeitsekte „Extinction Rebellion“ auch argumentativ Paroli zu bieten. Werden hier doch die zahlreichen Fehlinformationen reflektiert. Tatsächlich erhält diese Darstellung durch den Umstand Gewicht, daß die Autoren selbst als ausgewiesene Wissenschaftler das anthropogene, also menschengemachte Kohlendioxid als klimasensitives Gas anerkennen, also eines, das durchaus zum Klimawandel beiträgt. 

Um so glaubwürdiger erscheint ihre Argumentation mit den Antworten auf „50 Fragen zum Klimawandel“, die geeignet sind, dem Alarmismus in der Klimapolitik den Wind aus den Segeln zu nehmen. Entsprechend sarkastisch ist die mit „Das Corona-Experiment“ betitelte Einleitung. So sei die Forderung von Greta Thunberg und „Fridays for Future“ nach Einstellung der Förderung fossiler Energien auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos im Januar 2020 von den Führern aus Wirtschaft und Politik mit viel Beifall bedacht worden, um kurz danach, „früher als gedacht“, in Erfüllung zu gehen. 

Dennoch gingen die CO2-Emissionen weltweit von März bis Mai nur um 17 Prozent zurück. Entsprechend laute die erste Lektion des Corona-Experiments: Wenn nur die OECD-Staaten CO2 reduzieren, die insgesamt für 34,7 Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes verantwortlich sind, hat das so gut wie keine Auswirkungen. Dabei sind die OECD-Staaten die einzigen, die nach dem Pariser Abkommen zur CO2-Reduktion verpflichtet sind.

Da das leicht zu lesende Mammutwerk mit seinen überzeugenden Antworten auf 50 Fragen zum Klimawandel notgedrungen ausholen muß, sind die Quellenangaben nicht als Fußnoten, sondern auf der Homepage zur Publikation zu finden. In der Tat hätten diese Angaben den Umfang des Buches gesprengt und den Lesefluß behindert. 

Wurden die Temperaturveränderungen der letzten Zeit tatsächlich allein von uns Menschen verursacht? Und welchen Einfluß haben die Aktivitätsschwankungen der Sonne? Fragen, die exemplarisch für die 50 Themenbereiche stehen, die die Autoren in diesem Buch behandeln. Naturkatastrophen der letzten 150 Jahre werden in einen klimahistorischen Kontext von Jahrtausenden gestellt. Dabei zeigt sich, daß zu einfache Darstellungen in den Medien den komplexen Zusammenhängen nicht gerecht werden und nur Angst und Verunsicherung schüren. 

Gemisch natürlicher und anthropogener Antriebe

So würden beispielsweise die Mittelalterliche Wärmeperiode (800 bis  1300 n.Chr.) und die folgende „Kleine Eiszeit“ vom IPCC als vermeintlich vernachlässigbare lokale Phänomene abgetan. Gleiches gilt für jene zurückliegenden Zeiträume, in denen die Temperatur teils deutlich über der heutigen lag. Dabei herrsche in den Klimawissenschaften Konsens darüber, daß sich die moderne Erwärmung der letzten 150 Jahre nur im Kontext der vorindustriellen Klimageschichte vollständig verstehen läßt. 

Während das Klima heute auf ein Gemisch natürlicher und anthropogener Antriebe reagiere, berge die vorindustrielle Zeit für die Forschung den großen Vorteil, allein von natürlichen Klimafaktoren angetrieben worden zu sein. Dies sei im Prinzip ein Glücksfall, da hier analog zum Laborexperiment sich die Gesetzmäßigkeiten der natürlichen Klimavariabilität studieren ließen, ohne fragwürdige Überlagerungseffekte durch CO2 oder andere anthropogene Treibhausgase zu postulieren. Hier ist unter anderem auf die – vom IPCC weitgehend ignorierte – Sonnenaktivität zu verweisen und vor allem auf die noch relativ junge Wissenschaft zu den Ozeanzyklen, die indirekt von der Sonne beeinflußt würden und die für „einen Großteil der natürlichen Klimavariabilität auf der Welt“ verantwortlich seien.

Generell fordern die Autoren einen Verzicht auf die forcierte CO2-Reduktion. Ließen wir uns statt drei Legislaturen drei Generationen Zeit, wäre es möglich, einen Großteil des anthropogenen CO2-Anteils zu vermeiden, ohne einen ökonomischen Zusammenbruch und massive Wohlstandsverluste zu erleiden. Dafür reiche die Halbierung der CO2-Emissionen bis zum Ende des 21. Jahrhunderts vermutlich aus, da die Klimasensivität des CO2 neueren Studien zufolge am unteren Ende der Bandbreite des IPCC zwischen 1,5 und 2 Grad Celsius liegt. Zu den zahlreichen Aspekten, die für eine Entwarnung Anlaß geben, zählt das Phänomen des Global Greening. So würden bereits über 50 Prozent des vom Menschen freigesetzten Kohlendioxids von der Pflanzenwelt absorbiert, und dies – entgegen der IPCC-Behauptung – mit steigender Tendenz. Von Sätttigung keine Spur.

Tatsächlich würde die Aufnahmefähigkeit der Pflanzenwelt bei einem Anstieg des Kohlendioxid-Anteils in der Atmosphäre von derzeit 410 auf 600 ppm zu 35 Prozent zusätzlichem Wachstum führen. Bereits heute habe dies weltweit zu 15 Prozent Ertragssteigerung geführt. Lakonischer Kommentar der Autoren hierzu: Wer sagt den Schülern von „Fridays for Future“, daß wir ohne CO2-Anstieg „ganz gewiß zu wenig Nahrungsmittel hätten, um die Welt satt zu machen?“ Allein 15 Prozent weniger Reis, Weizen und Soja wären auf Dauer verheerend. Vielmehr erweise sich das vielgeschmähte „Klimagift“ CO2 als „großes Glück, um Hunger in der Welt zu vermeiden“. Zugleich verdopple sich bei der CO2-Konzentration in der Luft zugleich der Vitamin-C-Gehalt bei etlichen Gemüsesorten. 

Fritz Vahrenholt,  Sebastian Lüning: Unerwünschte Wahrheiten. Was Sie über den Klimawandel wissen sollten. Verlag Langen Müller, Stuttgart 2020, gebunden, 352 Seiten, Abbildungen, 25 Euro