© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 02/21 / 08. Januar 2021

Den Green New Deal bezahlt der globale Süden
Nur Umweltbewußtseinsweltmeister
(dg)

Der Münchner Soziologie-Professor Stephan Lessenich gehört zu jener verbreiteten Art radikaler Kapitalismus-Kritiker mit Pensionsanspruch, deren Vollversorgung ein Wirtschaftssystem garantiert, dessen Untergang sie herbeiwünschen. Für Lessenich ist die Corona-Pandemie daher ein Hoffnungszeichen. Sie habe viel Sand ins Getriebe der Globalisierung gestreut, deren Dysfunktionalität offengelegt und für den „Ausstieg aus der Wachstums- und Verwertungslogik des Kapitalismus“ eine nunmehr realistische Zukunftsperspektive eröffnet. Lessenich leitet diese Prognose aus seinem Konzept der „Externalisierungsgesellschaft“ ab. Das ist ein alter, von ihm mit diesem Fremdwort neu etikettierter Hut der Globalisierungskritik. Demzufolge lagere die westliche Zivilisation die Folgekosten ihrer ökologisch „ungeheuer“ destruktiven Ökonomie in den globalen Süden aus. Der selbst für Unterprivilegierte noch humane westliche Lebensstil und Konsumstandard beruhe strukturell darauf, daß andere Weltregionen ihn bezahlen. Neu an diesem Lamento sind lediglich die für einen Linken wie Lessenich ungewöhnlichen Schlußfolgerungen, die sich gegen die „grüne Mitte“, die Trägerschicht des „New Green Deal“, richten. Dieses inzwischen schwarzgrüne „Biedermeier“ habe bestenfalls eine „globale Spitzenposition als Umweltbewußtseinsweltmeister“ errungen, biete aber mit seinem „grünen Kapitalismus“ keine wirklich nachhaltige gesellschaftspolitische Alternative. Denn die Lasten der Umverteilungsspielräume, die er in Zentren der Weltökonomie vielleicht eröffne, sollen weiterhin den Wirtschafts- und Sozialräumen der globalen Peripherie aufgebürdet werden (Mittelweg, 6-2020/2021). 


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