© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 03/21 / 15. Januar 2021

Bellocs Pilgerreise
Mehr als eine theologische Reiseerzählung
Werner Olles

Hilaire Bellocs wohl bekanntestes Werk „Der Weg nach Rom – Eine Pilgerreise durch Europa“, 1901 unter dem Titel „The Path to Rome“ erstmals erschienen, in dem er seine Wanderung von der alten Festungs- und Garnisonsstadt Toul nach Rom schildert, zeigt bereits seinen tiefsinnigen, bisweilen auch launigen Humor und seine ausgeprägte Neigung zum Reisen, die sein gesamtes Werk durchzieht.

Daneben kommt hier sein tiefgläubiger, unverfälschter Katholizismus zum Ausdruck, der jedoch niemals intellektuelle Engstirnigkeit oder Fanatismus bedeutet. Als er im lothringischen Moseltal zu seiner großen Pilgerreise aufbricht und über Épinal, Belfort, die schweizerischen Alpen und Norditalien wandert, ahnt er noch nicht, welche eigentümlichen Begebenheiten und seltsamen Zufälle, Begegnungen mit beeindruckenden Menschen und faszinierenden Landschaften auf seinem langen Weg auf ihn warten. 

Er hatte es zwar recht eilig, nach Rom zu kommen, läßt sich aber keinesfalls davon abhalten, in kleinen, heimeligen Gasthäusern einzukehren, um den Wein der jeweiligen Region zu probieren. In der Nähe von Lugano notiert er einen Besuch in einer gemütlichen Taverne, in der „ein sehr junges und hübsches Mädchen“ ihn mit Suppe, Fleisch, Gemüse, Brot, Käse und dem unvermeidlichen Rebensaft freundlich bewirtet.

Als endlich die heilige Stadt Rom mit der Kuppel von St. Peter vor ihm liegt, ist er am langersehnten Ziel seiner Pilgerreise zu Ehren Gottes angekommen. „Der Weg nach Rom“ ist dennoch keine theologische Reiseerzählung, aber Belloc lebte auf seine unnachahmliche Art mit dem Übernatürlichen, das für ihn auch das Alltägliche durchdrang und bezog es daher unwillkürlich und vermutlich auch unbewußt in seine innere Vision des Wirklichen ein. 

Was seine Bücher bis heute so einmalig macht, kommt aus den tiefen Quellen seines Glaubens, denen er immer ausschließlicher sein ganzes künstlerisches Wollen unterwarf. Auch ohne eine durchreflektierte theologische Maßstäbe hat er doch gewisse Grundmotive in seinem religiösen Denken durch all seine Erfahrungen durchgehalten, die ebenso in seiner Zeitkritik wie in der Liebe zu einfachen Menschen zum Ausdruck kommen.

Hilaire Belloc: Der Weg nach Rom. Eine Pilgerreise durch Europa. Renovamen-Verlag, Bad Schmiedeberg 2021, broschiert, 317 Seiten, 16 Euro