© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 04/21 / 22. Januar 2021

Islamisten erhöhen den Druck
Open Doors „Weltverfolgungsindex 2021“: Selbst im christlich geprägten Kongo gibt es keine Sicherheit
Marc Zoellner

Für die Bewohner Nord-Kivus brachte der Weihnachtsmonat erneut nur Leid und Tod: Schwer bewaffnet drangen Anfang Dezember radikalislamische Anhänger der „Allied Democratic Forces“ (ADF) aus dem benachbarten Uganda in die unwegsame Region im Osten des Kongo ein, überfielen mehrere Bauerndörfer, vergewaltigten und entführten Dutzende Frauen und töteten auf ihrem Raubzug mindestens dreißig Christen, die sich auch mit Gewalt nicht bekehren lassen wollten. 

„Auch meine Frau und unsere vier Kinder sollten zum Islam gezwungen werden“, berichtet ein mit dem nackten Leben entkommener Pfarrer im Anschluß der christlichen Hilfsorganisation „Barnabas Fund“. „Als sie sich weigerten, schossen sie meiner Frau in den Kopf und hackten meine Kinder mit einer  Machete in Stücke.“

309 Millionen Christen unter Verfolgungsdruck

Das von der ADF begangene Massaker war nicht das erste seiner Art. Mindestens 55 Angriffe der Radikalislamisten zählten Beobachter allein im vergangenen Jahr für den Kongo; beinahe die Hälfte davon richtete sich ausschließlich gegen Zivilisten und kostete über 460 Christen das Leben. 

Für das christliche Hilfswerk Open Doors gab die anhaltende Gewalt gegen Christen in der Region den Ausschlag, in ihrem neuen Jahresbericht auch die Demokratische Republik Kongo als mehrheitlich christlich dominiertes Land erstmalig mit in die Liste der 50 Staaten dieser Welt mit der gravierendsten Christenverfolgung aufzunehmen – als mittlerweile eines von gleich zehn christlichen Ländern, in denen Christen allein ob ihres Glaubens um ihr Leben fürchten müssen.

In ihrem dieses Januar veröffentlichten „Weltverfolgungsindex 2021“ greift Open Doors zu drastischen Worten. „Derzeit herrscht die größte Christenverfolgung aller Zeiten“, konstatiert die 1955 in den Niederlanden gegründete und heute in über siebzig Staaten der Erde aktive Gruppe. „Nach aktuellen Schätzungen sind in den 50 Ländern mit der stärksten Christenverfolgung rund 309 Millionen Christen einem sehr hohen bis extremen Maß an Verfolgung und Diskriminierung ausgesetzt, weil sie sich zu Jesus Christus bekennen.“ 

Hochrechnungen von Open Doors ergaben, daß im vergangenen Jahr jeden einzelnen Tag weltweit im Schnitt zwölf christliche Einrichtungen angegriffen sowie dreizehn Christen aufgrund ihres Glaubens ermordet worden sind.

Mit Beginn der Corona-Pandemie ist die Anzahl der verfolgten Christen noch einmal drastisch um 50 Millionen Menschen gestiegen. 

Die Epizentren der Gewalt verschoben sich dabei merklich auf den schwarzen Kontinent. Zwar führten Länder wie Afghanistan, Pakistan, der Iran sowie der Jemen noch immer die globale Liste an. 

Doch gleich neun von zehn getöteten Christen fanden sich 2020 in afrikanischen Ländern südlich der Sahara, in denen sich Christen nach Angaben der Indexautoren mit „einem um dreißig Prozent gesteigerten Gewaltniveau als noch im Jahr zuvor“ konfrontiert sahen. Grund hierfür waren besonders marodierende Islamistengruppen wie Boko Haram in Nigeria, Al-Shabaab in Somalia sowie der Islamische Staat, dessen Terrorzellen selbst im südostafrikanischen Mosambik Fuß fassen konnten. 

Auf Platz zehn findet sich mit Indien erneut ein hinduistischer Staat, in welchem „extremistische Hindus ihr Land vom Islam und Christentum reinigen“ wollen, wie Open Doors schreibt. Ebenfalls sehen sich Christen in Kolumbien (Rang 30) und Mexiko (37) immer öfter sowohl von kriminellen Banden als auch von indigenen Gemeinschaften zum Teil auch mit physischer Gewalt bedrängt. Ungebrochen seit zwanzig Jahren hält sich allerdings mit Nordkorea eine kommunistische Diktatur auf dem traurigen Spitzenplatz der Länder mit der höchsten Christenverfolgung.