© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 04/21 / 22. Januar 2021

Der internationale Anleihenmarkt steht vor seinem Aus
Tschüß, Bundesanleihen
Thomas Kirchner

Die Nippon Ginko hält inzwischen die Hälfte aller japanischen Staatsanleihen. In Europa und den USA gehen die Anleihekaufprogramme und die Zinsmaßnahmen in die gleiche Richtung. Nebeneffekt dieser Quasi-Verstaatlichung des Anleihenmarkts ist sein langsames Ende. Schon 2015 warnte der Währungsfonds IWF vor diesem Problem. Jetzt beginnt es sich abzuzeichnen. In Tokio gibt es Tage, an denen keine Anleihe in institutionellem Volumen gehandelt wird. Die Zentralbank trickst, um einen funktionierenden Markt vorzutäuschen: Sie verleiht einen Teil ihres Bestands an Händler in der Hoffnung, daß diese dann untereinander handeln.

Für viele Unternehmensanleihen ist es in Europa und Nordamerika schon länger schwierig, Käufer zu finden. Früher sprangen Investmentbanken ein und hielten angebotene Papiere ein paar Stunden, Tage oder Wochen in ihrem Inventar, bis sie einen Käufer fanden, der genau diese Anleihe brauchte. Doch nach der Finanzkrise wurden die Bankenregeln verschärft, und daher ist das heute nicht mehr möglich. Entsprechend schwieriger ist es für Verkäufer, ihre Firmenanleihen wieder loszuwerden. Doch auch für Staatsanleihen wird der Markt in Europa eng. Bloomberg-Experten schätzen, daß die EZB bis Ende dieses Jahres 43 Prozent der deutschen und 40 Prozent der italienischen Anleihen besitzen könnte. Die französische Versicherung Axa schrieb unter dem Titel „Bye Bye Bunds“ („Tschüß, Bundesanleihen“), daß die Volumen in Derivaten auf Bundesanleihen, die oft zur Absicherung diverser Zinsrisiken verwendet werden, um 62 Prozent eingebrochen sind.

Doch es ist nicht nur der Anleihenmarkt direkt, der betroffen ist. Staatsanleihen dienen auch als Sicherheiten, wenn Zentralbanken Liquidität in das Bankensystem einschießen. Weniger Handelsaktivität kann in Krisenzeiten derartige Operationen schwieriger gestalten – also gerade dann, wenn man sie braucht. Ein Ausweg aus der Misere ist nicht abzusehen. Im Oktober warnte Randal Quarles, Vizechef der US-Zentralbank Fed, daß eine Intervention dauerhaft notwendig werden könnte, um den Anleihenmarkt am Leben zu halten. Vermutlich meinte der frühere Finanzstaatssekretär von George W. Bush damit eher, daß Zinsen geringfügig höher als null die überschuldeten westlichen Sozialstaaten in die Insolvenz treiben würden.

Anleger sollten daher aus Anleihen aussteigen und in Aktien und Sachwerte investieren. In Simbabwe und Venezuela blieb nur solches Vermögen trotz Hyperinflation in der Substanz erhalten. Der Index der Börse von Caracas ist in den letzten fünf Jahren um fast 100 Millionen Prozent gestiegen und hat somit grob mit der Inflation mitgehalten. So extrem wird es in New York oder Frankfurt nicht kommen, aber Dividendenrenditen von Aktien schlagen Zinsen trotzdem.