© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 04/21 / 22. Januar 2021

„Humorlose Erklärung“
Martin Sonneborn und die Rassismuskeule
Boris T. Kaiser

Ein Satiriker, der anfängt, sich für seine Witze zu entschuldigen, ist am Ende. Martin Sonneborn, ehemaliger Chefredakteur des Titanic-Magazins und Bundesvorsitzender der Satirepartei Die Partei hat sich nun entschuldigt. Für ein Scherz-T-Shirt, dessen Aufdruck sich im Zuge des „Kapitol-Sturms“ in den USA über Donald Trumps China-Politik lustig machen sollte und dabei mit dem Klischee spielte, daß Chinesen kein „R“ aussprechen könnten.

Es sei ihm nicht bewußt gewesen, daß sich jemand durch den Aufdruck eines satirisch gemeinten T-Shirts rassistisch diskriminiert fühlen könne, schrieb der Parlamentarier auf Twitter. „Wenn ein Witz aber zu rassistischer Verletzung führt, statt Reflexionsanstöße zu geben oder zumindest ein befreiendes Lachen nach sich zu ziehen, dann ist es ein mißlungener Witz. Es tut mir leid, daß Menschen durch die Reproduktion dieser Stereotype verletzt wurden“, so der überraschend kleinlaut gewordene Provokateur.

Das lukrative Mandat behält der Komiker 

Vorausgegangen war dem ein Internet-Shitstorm, an dem sich auch ausgerechnet sein Parteifreund und Komiker-Kollege Nico Semsrott beteiligt hatte. Der aus der „heute show“ bekannte Comedian, der stets mit schwarzgerahmter Brille und Kapuzenpullover auftritt, störte sich an dem Umgang seines Chefs mit der Kritik von „Betroffenen“ und warf ihm vor, seine „Machtposition“ gegenüber diesen auszunutzen und damit „aus der Zeit gefallen“ zu sein. Der war nach der ersten Empörung nämlich nicht sofort eingeknickt, wie es die Generation der hypersensiblen „Schneeflöckchen“ erwartet, sondern hatte seinen Gag anfangs verteidigt und wollte nicht mit irgendwelchen Twitter-Spaßbremsen darüber diskutieren, „was Satire darf“. Diese Reaktion fand der 34jährige ZDF-Komiker so „falsch und inakzeptabel“, daß er deshalb sogar in einer, wie er selbst schrieb, „humorlosen Erklärung“ seinen Austritt aus der gemeinsamen Partei bekanntgab. Natürlich ohne deswegen auf das lukrative EU-Abgeordnetenmandat verzichten zu wollen.

Das Beispiel Sonneborn dürfte ein bittersüßer Vorgeschmack auf das sein, was Künstlern in den nächsten Jahren blühen wird, die sich auf den Bewußtseinsstrom der Krieger der sozialen Gleichheit eingelassen haben. So politisch korrekt kann gar keiner sein, als daß sich diese dauerbeleidigten Heulsusen nicht irgendwann von ihm verletzt fühlen würden. Jedenfalls nicht, wenn er auch nur noch im entferntesten irgendwie unterhaltsam sein möchte. Die Revolution ist nie am Ziel, aber immer hungrig.