© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 04/21 / 22. Januar 2021

GegenAufklärung
Kolumne
Karlheinz Weißmann

Gebet I: Beispiel für Erhörung: die Wahl Armin Laschets zum Vorsitzenden der CDU.

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Es genügt nicht, im Hinblick auf das, was als Antikolonialismus, Critical Whiteness und Überbau von „Black Lives Matter“ umläuft, den rassistischen Kern zu enthüllen. Hier geht es um strukturelle Übereinstimmung mit dem modernen Antisemitismus. Das heißt, es wird eine Ideologie vertreten, deren Kern ein völkischer „Gegentypus“ ist. Wer nach Meinung der Wortgewaltigen dessen Kriterien erfüllt, kann gegen seine Zurechnung zum Bösen nichts tun, denn sie ist biologisch gegeben. Weder sein Bewußtsein noch sein Denken, noch sein praktisches Verhalten salvieren ihn. Es bleibt nur die (Selbst-)Auslöschung.

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In Frankreich wird der Skandal um Olivier Duhamel, den seine Stieftochter Camille Kouchner öffentlich anklagt, ihren Zwillingsbruder – mit Duldung der Mutter – sexuell mißbraucht zu haben, nicht als isolierter Vorgang betrachtet, sondern als Beweis für die Verkommenheit der „moralischen Linken“. Dabei geht es um das Zusammenspiel von sehr einflußreichen Vertretern der „sozialistischen Großbourgeoisie“ (Marie Delarue), die entscheidende Positionen im Staatsapparat, den Universitäten, in humanitären Organisationen und den Medien besetzt halten, aber mehr noch um ein Geflecht aus persönlichen – nicht zuletzt erotischen – Beziehungen und Verbindungen, die als Netzwerk zu bezeichnen untertrieben werde. Auf die Frage, warum die Übelstände und Durchstechereien kaum je an die Öffentlichkeit dringen, sondern selbst dann kaschiert oder bestritten werden, folgt die Antwort „Omerta“ – das „Gesetz des Schweigens“, durch das die Mafia ihre Mitglieder bindet.

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„Wir müssen den vergangenen Generationen das zurückgeben, was sie einmal besaßen, so wie jede Gegenwart es besitzt: die Fülle der möglichen Zukunft, die Ungewißheit, die Freiheit, die Endlichkeit, die Widersprüchlichkeit.“ (Thomas Nipperdey)

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Bereits im Jahr 1981 wurde bei Gerdrup, am Fjord von Roskilde, eine Grabstätte entdeckt, in der man die Überreste einer Frau und eines Mannes fand. Ungewöhnlich war die Art der Bestattung: den Leib und das rechte Bein der Frau hatten Steinblöcke zerschmettert, außerdem fand sich eine Lanze an ihrer Seite. Bei dem Mann waren die Beine zusammengebunden gewesen, die Stellung des Kopfes sprach dafür, daß man ihm das Genick gebrochen hatte. Zwölf ähnliche Anlagen aus der Wikingerzeit sind in Nordeuropa bekannt. Aber über deren Bedeutung bestand bisher keine Klarheit. Jetzt konnte durch eine DNA-Untersuchung geklärt werden, daß die Toten von Gerdrup Mutter und Sohn waren. Was wiederum den Schluß nahelegte, daß die Funde möglicherweise mit einer Szene aus der isländischen Edda in Zusammenhang zu bringen sind, die die Hinrichtung der Hexe Katla und ihres Sohnes Odd wegen Schadenszaubers schildert.

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Gebet II: Emanuel Cleaver, Methodistenpfarrer und demokratischer Abgeordneter für Kansas City, hat sein Gebet zur Eröffnung des 117. Kongresses der Vereinigten Staaten mit einem deutlich vernehmbaren „Amen and A-woman“ beendet. Die Erklärung für diese besondere Art des Genderns war, daß die lautliche Anmutung von „Amen“ und „men“ dazu zwinge, in diesem Kontext auch die Frauen zu berücksichtigen und solchermaßen einen Beitrag gegen die Spaltung der Gesellschaft zu leisten. Daß das Wort „Amen“ aus dem Hebräischen in die christliche Liturgie übernommen wurde und nichts anderes als eine Bekräftigungsformel im Sinne von „So sei es!“ bedeutet, spielt offenbar im theologisch interessierten Bereich von LGBQTI+ keine Rolle.

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Angesichts der drohenden Einschnitte im Programmangebot der öffentlich-rechtlichen Sender wegen ausbleibender Erhöhung der Rundfunkgebühren habe ich einen Vorschlag zur Güte: Schaltet ZDFinfo ab. Die Einseitigkeit, Impertinenz und Redundanz des dort Gezeigten sucht ihresgleichen und wäre wohl verzichtbar.

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„Noch mehr aber leidet durch eine zu ausgedehnte Sorgfalt des Staates die Energie des Handelns überhaupt und der moralische Charakter. Dies bedarf kaum einer weiteren Ausführung. Wer oft und viel geleitet wird, kommt leicht dahin, den Überrest seiner Selbsttätigkeit gleichsam freiwillig zu opfern. Er glaubt sich der Sorge überhoben, die er in fremden Händen sieht, und genug zu tun, wenn er ihre Leitung erwartet und ihr folgt. – Damit verrücken sich seine Vorstellungen von Verdienst und Schuld.“ (Wilhelm von Humboldt)

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Die Ernennung von Makis Voridis zum griechischen Innenminister und von Sofia Voultepsi zur Stellvertretenden Ministerin für Integration hat zu einem Aufschrei geführt. Die Gründe liegen auf der Hand: Voridis erklärte, daß illegale Einwanderer keinen Anspruch auf Unterstützung hätten, Sofia Voultepsi äußerte, daß es sich bei Migranten um „unbewaffnete Invasoren“ handele.


Die nächste „Gegenaufklärung“ des Historikers Karlheinz Weißmann erscheint am 5. Februar in der JF-Ausgabe 6/21.