© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 04/21 / 22. Januar 2021

Die Konkurrenz profitiert
Digitale Zensur und neue Nutzungsbedingungen: Zahlreiche Nutzer orientieren sich neu
Gil Barkei

Die Löschtiraden im Internet (JF 3/21) gehen munter weiter. Nach Facebook, Twitter und Co. sperrte nun auch Youtube den Kanal des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump. Vorerst für eine Woche, danach will die Videoplattform die Situation erneut beurteilen. 

Snapchat hat sich bereits entschieden: Der Account Trumps soll dauerhaft stumm geschaltet bleiben. Facebook weitete dagegen sein Vorgehen auf die eigenen Funktionen aus und blockierte Einladungen zu Protestveranstaltungen gegen die Inauguration von Joe Biden.

Von dem umstrittenen Gebaren der großen sozialen Netzwerke profitieren alternative freie Angebote. Telegram hat innerhalb von drei Tagen 25 Millionen neue Nutzer dazugewonnen. Der Messengerdienst knackte damit die Marke von 500 Millionen Anwendern (die JF ist unter „‚JUNGE FREIHEIT offiziell“ zu finden). Auch Signal (JF 2/21) verzeichnet eine wachsende Beliebtheit und verfünffachte seine Nutzerzahl von 10 auf 50 Millionen. „Ich wechsle von WhatsApp, weil ich die Zensurmaßnahmen und die neuen Nutzungsbedingungen nicht unterstützen möchte“, betont ein Nutzer gegenüber der JF. 

Eigentlich wollte WhatsApp bis zum 8. Februar die Zustimmung für seine neuen Datenschutzregeln einholen. Viele vermuteten darin den Versuch, Datensätze mit dem Mutterkonzern Facebook teilen zu können. WhatsApp reagierte nervös auf die Abwanderbewegungen, verschob die Zustimmungsfrist für die neuen Regeln auf den 15. Mai und verkündete eilig, keine Informationen an Facebook weiterzuleiten.

Die Wut der Bürger hat für Twitter auch ökonomische Konsequenzen. Seit Tagen geht der Aktienkurs nach unten. Das Magazin Der Aktionär schätzt den Umsatzverlust von Twitter durch die Löschaktionen auf etwa 135 Millionen Dollar. Angesichts dessen versucht sich CEO Jack Dorsey in Beschwichtigungen. Er sei nicht „stolz auf den Bann Trumps“. Das Vorgehen müsse nun „reflektiert“ werden.