© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 05/21 / 29. Januar 2021

Was bringen „Ewige Anleihen“ zur Finanzierung der Corona-Krise?
Big Money für den Reset
Reiner Osbild

George Soros möchte, daß Staaten „Ewige Anleihen“ (Consols) herausbringen, um die Corona-Krise zu bewältigen und sich das tiefe Zinsniveau dauerhaft zu sichern. Der US-Investor, der 1992 mit hohen Wetten gegen das Pfund das Europäische Währungssystem sprengte, gesellt sich damit zur wachsenden Zahl an Ökonomen, die Staatsverschuldung für vertretbar erachten, solange die Zentralbanken dies refinanzieren. „Perpetual Bonds“ könnten die Staatsfinanzierung außerhalb des Bankensystems beleben. Das wäre in der Tat notwendig, weil die Notenbanken den Anleihemarkt leergeräumt haben und bald über 40 Prozent der deutschen Schuldpapiere besitzen werden (JF 4/21).

Investoren würden dem Staat 100 Euro leihen, um dafür einen Zins von vielleicht einem Euro pro Jahr zu erhalten, was einem Prozent Rendite entspräche. Da die 100 Euro weder getilgt noch refinanziert werden müssen, bliebe die Belastung auf diesen einen Euro Zins beschränkt – bis ans Ende der Welt. Aber werden diese Wertpapiere auf großes Interesse stoßen? Etwa bei privaten Lebensversicherern? Diese müssen immer wieder Auszahlungen tätigen, etwa bei Renteneintritt oder Tod. Ihr Liquiditätsmanagement muß in der Lage sein, Wertpapiere zu verkaufen.

Ewige Anleihen sind einem erheblichen Bewertungsrisiko ausgesetzt, wenn im Marktumfeld die Zinsen steigen. Sollten US-Bonds nach Absicherung des Währungsrisikos zwei Prozent Rendite erbringen, würden Anleger den „Einprozenter“ verkaufen wollen. Die Versicherung, die die ewigen Euro-Anleihen loswerden muß, bekommt am Markt nur 50 Euro dafür. Warum? Weil ein Euro Kuponzins, vom Finanzminister auf immer zugesagt, nur bei einem Marktkurs von 50 Euro einer Rendite von zwei Prozent entspricht. Um mit den höher verzinslichen US-Anleihen mithalten zu können, müßten also die Papiere ihren Kurs halbieren.

Ein solches Risiko wird sich kaum eine Versicherung in die Bücher holen. Das Ziel, die ausgetrockneten Anleihemärkte zu beleben, würde verfehlt. Ewige Anleihen funktionieren überspitzt gesagt nur, wenn weltweit und jahrzehntelang keine Umkehr des Zinstrends zu erwarten ist – ansonsten sind sie eine Falle: Das Geld geht rein und kommt nimmermehr raus.

Noch bedenklicher ist die ordnungspolitische Seite. Es wird nur noch über das Wie und nicht mehr über das Warum der unbegrenzten Staatsfinanzierung nachgedacht – von Corona bis zum klimapolitischen Reset. Die Folgen wären dramatisch: Kaufkraft und wirtschaftliche Macht, Eigentumsrechte und Investitionen, der Einfluß auf Märkte und Preise gelangen dann in immer größerem Umfang in die Hände einer Staatsbürokratie, die nicht einmal eine Impfung organisiert bekommt.






Prof. Dr. Reiner Osbild ist Ökonom und Ordinarius an der Hochschule Emden/Leer.