© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 05/21 / 29. Januar 2021

Umwelt
Grüne als Kunstwerk
Volker Kempf

Am 12. Mai wäre Joseph Beuys 100 Jahre geworden. Und trotz Corona sind im Jubiläumsjahr zahlreiche Ausstellungen geplant. Von Heinz Sielmann 1941 als Bordfunker ausgebildet, wurde der Krefelder zweimal schwer verwundet. Ab 1946 studierte Beuys in Düsseldorf Bildhauerei und glaubte, die Gesellschaft könnte von der Kunst her verändert werden. An seinen Werken schieden sich die Geister: Die 1982 in seinem Atelier installierte „Fettecke“ galt als Kunst. Der Hausmeister wischte die ranzige Butter nach Beuys Tod 1986 einfach weg – was das Land NRW 40.000 D-Mark kostete. Und sind nicht auch die Grünen, die Beuys 1979 mitgründete, nur als ein Kunstwerk zu begreifen? Konservativen wurde diese Partei schnell zu bunt, Beuys blieb. Was war seine Botschaft?

Joseph Beuys wollte die ferne Vergangenheit in die inszenierte Gegenwart heraufholen.

Wenn er sich beispielsweise in Filz einwickelte, links und rechts davon ein toter Hase, um dann irgendwelche Laute auszustoßen, sprengte dies das traditionelle Kunstverständnis: Beuys wollte die ferne Vergangenheit in die inszenierte Gegenwart heraufholen und „ihre physischen Eigenschaften aus der natürlichen Evolution, ihre mythischen und pragmatischen Konnotationen aus der menschlichen Entwicklungsgeschichte“ wecken, schrieb der Kunstpädagoge Carl-Peter Buschkühle. Sein subtiler Umgang mit den Dingen fiel aus dem Rahmen der rational verwerteten Welt. Die sehr unterschiedlichen Kunstwerke von Beuys waren meist kurzlebig und oft als Aktionskunst einzuordnen. Auf die Grünen trifft das gleichwohl nicht zu, sie traten zwar mit Hilfe seiner Gestaltkraft in Aktion, aber es gibt sie in einer selbstorganisierenden Gestalt in der Form einer medial äußerst beliebten Partei eingewickelt noch immer. Die Töne, die zu vernehmen sind, gefallen nicht allen, einigen sind sie aber auch ein hoffnungsvoll stimmender Weckruf geblieben.